Klassisches Japanisch / Ogura hyakunin isshu
Die Sammlung "Einhundert Gedichte"
Horst Arnold-Kanamori
Gegen Ende seines Lebens wurde der Dichter und erfahrene Kompilator kaiserlicher Gedichtanthologien Fujiwara no Teika (1162-1241) von einem reichen Auftraggeber aufgefordert, einhundert als kalligraphischer Schmuck für die Schiebetüren seiner Villa geeignete hervorragende Japanische Gedichte – Waka – auszuwählen. Teika machte sich in seinem Sommerhaus am Ogura-Berg in der Nähe der Kaiserstadt ans Werk und entwarf die Urfassung der von seinen Nachfolgern mehrfach überarbeiteteten, schließlich als Ogura hyakunin isshu (Hundert Dichter mit je einem Gedicht; gesammelt in Ogura) betitelten Sammlung. Sie enthält klassisch gewordene, in Anlehnung an ihren ursprünglichen Zweck selbst als populäres Kartenspiel verbreitete Waka aus den Regierungsperioden Nara, Heian und Kamakura (d.h. zwischen 710 und 1333). Teika hatte auf Raffinement und dekorative Wirkung der Gedichte zu achten, die den Betrachter unmittelbar beeindrucken sollten. So entstand ein Kompendium der hervorstechendsten Beispiele aus der klassischen japanischen Dichtung, die hier dem Leser in einer zweisprachigen, mit ausführlichem grammatischem Kommentar versehenen Fassung zugänglich gemacht werden soll, die zugleich die Funktion einer für das Selbststudium wie für den Unterricht geeigneten Einführung in das klassische Japanisch erfüllt.