Kleine Reihe Bd. 45: Sarg beim Abschied leise Servus
Neue Werke der komischen Lyrik
Peter Woeckel
Peter Woeckel: „Das älteste schriftliche Zeugnis für meine literarische Betätigung stammt aus meinem sechsten Lebensjahr. Noch vor Eintritt in die Grundschule habe ich im Zweifingersystem eine kleine Erzählung über einen alten Schuh, der sich auf Wanderschaft begibt, in die Schreibmaschine gehackt. (Der frühen Schaffensphase geschuldet, sind Rechtschreibung und Zeichensetzung meiner Debütanten-Prosa nicht anders als unausgereift zu bezeichnen. In der seitdem verstrichenen Zeit bin ich dem Zweifingersystem treu geblieben, konnte es aber immerhin erfreulicherweise etwas verfeinern.)
Wann sich hingegen mein lyrischer Schöpfungswillen zum ersten Mal Bahn gebrochen hat – ich weiß es nicht, so sehr ich auch in der Erinnerung krame. Das älteste der hier versammelten Gedichte würde ich dem Anfangsdreißiger zuschreiben, aber irgendetwas in mir mutmaßt, dass da schon früher etwas gewesen sein muss.
Sei’s drum. Was ich hingegen weiß: Dichten, unbeschwertes, auf eine komische Wirkung abzielendes Dichten ist mir immer ein angenehmer Zeitvertreib gewesen. Ich liebe diese Momente, in denen mich ein knackiger Reim anspringt und in meinem Kopf geformt werden will. Meist sind es Momente, in denen ich gar nicht damit rechne, dass sich ein Reim in der Einflugschneise befindet.
Je nach den Umständen (Zeit, Lust und Laune) wird dann aus zwei Zeilen mehr. Manchmal bleibt es aber auch bei der ursprünglichen Eingebung. Ein schönes Beispiel ist mein Eingangsmotto:
Zum Geleit
Ein schlechter Reim
muss manchmal seim.
Da muss man nichts mehr hinzufügen, nichts mehr erklären. Die vorgebrachte Behauptung entfaltet in der verdichteten Form ihre volle Wucht.
Moment, bitte – ich muss gerade mal in mich hinein hören. Mmmmmmmhhhh, da könnte was draus werden:
Es sprach der Kain zum Abel:
„Du bist nicht tolerabel.“