Komplexe Welten
Narrative Strategien in US-amerikanischen Fernsehserien
Kathrin Rothemund
Neueren US-amerikanischen Fernsehserien – wie etwa „The Sopranos“, „The Wire“ oder „Mad Men“ – wird eine besondere Qualität attestiert, die über das vermeintlich Fernseh-Typische hinausgeht. Zeitgenössische Serien gelten als innovativ, vielschichtig, hip, stilsicher, neobarock, multimedial und vor allem komplex – und sind seitdem für Fans und Wissenschaftler gleichermaßen interessant. Ausgefeilte Narrationskonzepte, transmediale Erzählstrategien und eine filmische Ästhetik werden hierbei meist als Kriterien angeführt, um die Besonderheiten dieser Serien gegenüber anderen Erzählformen zu betonen. Somit erlebt die Fernsehserie derzeit sowohl bei den Zuschauern als auch in der Wissenschaft eine Renaissance.
Kathrin Rothemund nimmt die Debatten zur Ästhetik aktueller Fernsehserien als Ausgangspunkt, um in kritischer Auseinandersetzung mit dem Begriff des „Quality TV“ ein theoretisches Konzept narrativer Komplexität zu entwickeln, das über einfache Aufzählungen von Eigenschaften hinausgeht und stattdessen ein Strukturmodell zur Analyse und Interpretation fiktionaler Texte bietet. Hierbei werden neuere film- und fernsehtheoretische Zugänge ebenso berücksichtigt wie Komplexitätstheorien verschiedener Disziplinen. Beispielhaft an den drei Serien „Dexter“, „Heroes“ und „Lost“ zeigt die Autorin anhand ihres Modells auf, wie Vielzahl, Vielfalt und Verbindungen von Figuren, Erzählsträngen und Motiven im Zusammenspiel mit Nichtlinearität, Offenheit und Kontingenz der Narration äußerst komplexe Welten entstehen lassen.