Leben mit oder ohne Organisationen?
Forschungsergebnisse zur organisierten Betreuung von Menschen mit Unterstu"¡tzungsbedarf
Gisela Erdin
Die verschiedenen Organisationsformen für Menschen mit Unterstützungsbedarf, die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet haben – Verwahrorganisation, paternalistische Organisation und außengesteuerte Qualitätsbürokratien – entziehen allesamt den Menschen mit Unterstützungsbedarf die Entscheidungsgewalt über das eigene Leben. Eine Organisationsform zu finden, welche das Zusammenwirken der verschiedenen Akteure ermöglicht und den Menschen mit Unterstützungsbedarf die Entscheidung über ihr eigenes Leben zurückgibt, war das Ziel des Organisationsentwicklungsprozess, welcher im vorliegenden Buch beschrieben wird. Auf allen drei Ebenen: Interaktion, Organisation und Gesellschaft sind verschiedene Menschengruppen aktiv. Im Zusammenspiel dieser Akteure entsteht das Hilfesystem in seiner spezifischen Ausgestaltung. Im Buch wird der Prozess zwischen den Leistungsempfängern (Menschen mit einer Behinderung), den Leistungsbestellern und Finanzierern (Regierung und Behörde) und den Leistungserbringern (Mitarbeitende, Sozialpädagogen, BetreuerInnen und dessen Management) diskutiert. Während die Leistungsempfänger auf Individualisierung der Leistungen drängen und ihr Mitbestimmungsrecht einfordern, versucht der Staat Leistungen zu standardisieren und zu objektivieren, damit sie steuerbar und legitimierbar werden können. In diesem Prozess hat die Organisationgestaltung und damit das Management, zusammen mit der Profession (Sozialpädagogen, Psychiatern und Therapeuten), eine wichtige Aufgabe, da sie zwischen den Extremen Individualisierung und Standardisierung vermitteln und Verantwortung für die professionelle Gestaltung der Dienstleitungen übernehmen müssen. Die Organisationsebene erhält somit eine große Bedeutung, die oft übersehen wurde und wird.