Lektüren des Zeitgenössischen Zirkus
Ein Modell zur text-kontext-orientierten Aufführungsanalyse
Franziska Trapp
Im Jahr 1996 prophezeit die Pariser Zeitung Libération nach dem Besuch der Performance Le Cri du Chaméléon eine dritte Ära des Zirkus: den Zeitgenössischen Zirkus. Die Prognose wird Realität: Nicht nur in Frankreich, sondern auch international gilt das Stück des Regisseurs Joseph Nadj als Startpunkt eines neuen Genres, das aktuell in den Fokus verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen gerät. – Ein Modell zur kohärenten Aufführungsanalyse der Darbietungen steht jedoch bis heute nicht zur Verfügung.Diesem Desiderat trägt „Lektüren des Zeitgenössischen Zirkus“ Rechnung und entwickelt erstmals in Rückgriff auf die Lektüretheorien der Literatur-, Theater- und Tanzwissenschaft eine Methodik zur Analyse von zeitgenössischen Zirkusdarbietungen. Darüber hinaus dokumentiert und interpretiert der Band das Genre durch eine methodisch dichte, d.h. kontextualisierende Beschreibung des Gegenstandes – der Aufführung – dezidiert in seinem historisch-kulturellen Kontext und liefert damit im Sinne Lessings eine rezeptionsästhetische Dramaturgie des Zeitgenössischen Zirkus, die trotz der Diversität der Aufführungen generalisierbare Merkmale, das grundlegende Verfahren und die Bau- und Wirkungsweise der Stücke offenlegt.