Lichtgestalten und ihre Schattenseiten
Armin Fuhrer
Sie sind beliebt und werden bewundert, denn sie haben etwas Gutes oder Beeindruckendes getan, etwas entdeckt oder erfunden. Sie sind Vorbilder für viele Menschen oder Kult für eine Gruppe. Und auf jeden Fall haben sie sich ins Gedächtnis der Allgemeinheit eingeprägt. Die Rede ist von Ikonen oder Lichtgestalten, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten Glanz verbreiten, deren Name jeder mit etwas verbindet. Namen wie Mutter Teresa, Mahatma Gandhi, Robert Koch, Coco Chanel und Christoph Kolumbus kennt jeder und jeder hat sie positiv in seinem Bewusstsein gespeichert.
Doch der helle Glanz kann blenden. Auch Ikonen und Lichtgestalten sind nur Menschen und haben ihre Fehler, Schwächen und Geheimnisse. Sie können dunkle Schatten auf den hellen Glanz werfen. Allerdings bedarf es des zweiten Blicks, der über den ersten Augenschein hinausgeht und sich nicht blenden lässt vom strahlenden Image. Wer ein wenig hinter die Fassade dringt, wird oft erstaunliche Dinge feststellen, die gar nicht zum weitverbreiteten Bild der jeweiligen historischen Figur passen wollen. Wer weiß zum Beispiel, dass Mahatma Gandhi nicht nur der Verfechter eines gewaltfreien Widerstandes gegen die britischen Kolonialherren war – sondern auch ein handfester Rassist, der zudem ein verstörendes Frauenbild hatte? Wer ahnt, dass Thomas Jefferson, der berühmte Vorkämpfer gegen die Sklaverei und Vater der Verfassung der USA sich selbst Sklaven hielt und sie brutal behandeln ließ? Wer denkt bei der Mode Ikone Coco Chanel neben dem »kleinen Schwarzen« und dem Wohlgeruch von Chanel N°5 schon daran, dass sie für die Nazis spionierte und mit ihrer Hilfe einen jüdischen Geschäftspartner loswerden wollte? Und wer hat ernsthaft schon mal hinter die Fassade von Mutter Teresa geblickt, der kleinen Ordensschwester, die vom Vatikan heiliggesprochen wurde – in Wahrheit aber für viel Leid und Elend der ihr anvertrauten Menschen verantwortlich war?
»Lichtgestalten und ihre Schattenseiten« wirft einen Blick hinter die Fassaden von zehn berühmten Menschen, die sich heute in das Bewusstsein der Allgemeinheit oder doch mindestens einer großen Minderheit mit einem positiven Image eingeprägt haben, in Wahrheit aber so rein und gut doch nicht waren, wie es scheint. Was die Leserinnen und Leser mit diesem Wissen machen, bleibt ihnen überlassen. Aber eine Erkenntnis, die schon ein altes italienisches Sprichwort verbreitet, sollte klar werden: »Tutti i santi hanno i ioro difetti.« – »Alle Heiligen haben ihre Fehler.«