Liturgische Bibelhermeneutik
Die Heilige Schrift im Horizont des Gottesdienstes
Marco Benini
Die Liturgie der Kirche ist ganz von der Hl. Schrift durchdrungen, sie verkündet und erschließt die Bibel. Die Leitfragen lauten: Wie geht die Liturgie mit der Schrift um? Welche Zugänge und Interpretationen schafft die Feier des Gottesdienstes? Wie versteht und rezipiert die Liturgie die Schrift? Die Bedeutung dieser Fragen unterstreicht das II. Vatikanum: „Von größtem Gewicht für die Feier der Liturgie ist die Heilige Schrift“ (SC 24).
Die Studie geht diesen Fragen in zwei großen Teilen nach. Der erste untersucht an signifikanten Beispielen den Gebrauch der Schrift in der Liturgie. Die Leseordnung bindet Lesungen des Alten und Neuen Testaments sowie Psalmen intertextuell zusammen und lässt im Licht des Kirchenjahres je andere Aspekte aufleuchten. Gebete und Gesänge sind biblisch geprägt. Zeichen und Handlungen wie die Fußwaschung am Gründonnerstag oder das weiße Taufgewand sind rituelle Zitate/Inszenierungen der Schrift. Dabei werden Messe, sakramentliche Feiern und Tagzeitenliturgie berücksichtigt – und zwar im römischen, mailändischen und byzantinischen Ritus.
Darauf baut der zweite Teil auf, der die Dimensionen einer liturgischen Bibelhermeneutik systematisch erfasst. Die Liturgie versteht die Schrift nicht primär als Dokument der Vergangenheit, sondern feiert sie als aktuelles, neu zugesprochenes „Wort des lebendigen Gottes“, als Medium der Gottesbegegnung: Die Schrift ist sakramental. Die Studie analysiert, welche Konsequenzen dies für das liturgietheologische und liturgiepastorale Verständnis der Schrift im Gottesdienst und für das interdisziplinäre Gespräch mit der Bibelwissenschaft hat.