Luthers Schriften für die Gegenwart
Drei konkurrierende Editionsprojekte in den 1930er und 1940er Jahren
Martin Keßler
Seit 1937 verfolgte der Hamburgische Hauptpastor Theodor Knolle, Vizepräsident der Luther-Gesellschaft, das Anliegen einer neuen Gesamtausgabe der deutschen Schriften Luthers. Zunächst arbeitete er mit dem Weimarer Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger zusammen, dann wechselte er zu C. Bertelsmann nach Gütersloh. Dagegen formierte sich seit 1942 ein vom Alfred Metzner Verlag angeregtes und seitens des Evangelischen Oberkirchenrats unterstütztes Konkurrenzunternehmen, das Erich Seeberg und Rudolf Hermann wissenschaftlich verantworteten. Ebenfalls 1942 nahm Kurt Aland die Vorbereitung zu der Ausgabe auf, die 1948 unter dem Titel „Luther deutsch“ zu erscheinen begann. Martin Keßler zeigt anhand der drei Vorhaben Grundfragen editorischen Arbeitens auf und berührt Lösungsansätze der jüngsten Studienausgaben. Erhellend ist auch der Umgang mit Luthers sog. „Judenschriften“ zwischen einer Betonung bis 1945 und dem Ausklammern aus der literarischen Öffentlichkeit nach 1945.