Mannheimer Geschichtsblätter 41/2021
41/2021
Hans-Jürgen Buderer, Wilhelm Kreutz, Ulrich Nieß, Wilfried Rosendahl, Hermann Wiegand
Vor welche Probleme nicht-schriftliche Quellen Analyse und Interpretation oft stellen, aber auch welch überzeugende Ergebnisse der mit seinen Werkzeugen vertraute Historiker bzw. die mir ihren Werkzeugen vertraute Historikerin erzielen kann, spiegeln die Beiträge des vorliegenden Bandes wider. Dies gilt nicht nur für die Ausführungen der „Jungen Regionalforscher“, die über ihre erste Tagung „Ran an die Quellen“ berichten, sondern auch für die von Klaus
Wirth, Benedikt Stadler und Uwe Gross über Scarra, die bedeutende Siedlung Schar am Rhein.
In ihnen präsentieren sie die Ergebnisse ihrer Ausgrabungen in Mannheim-Scharhof, dessen Name noch heute an die frühe Besiedlung erinnert. Kunst- oder kunstgewerbliche Gegenstände stehen im Mittelpunkt der Aufsätze von Mathilde Grünewald, „Ein Dreimaster für Mannheim“, und Stephanie Herrmann, ein „Objekt der Unsterblichkeit“. Dabei handelt es sich zum einen um eine Petschaft oder ein Schmuckstück, dessen auf einem Ring aufsitzender Blütenkelch ein ovales Siegel mit der Darstellung eines Dreimasters umschließt, und zum anderen um ein aus Menschenhaar gefertigtes Armband mit der in Metall gefassten Daguerreotypie eines Knaben.
Nicht-schriftlich sind sowohl die Quellen von Claude W. Sui und Stephanie Herrmann in ihrem Bericht über die Ausstellung des Forum Internationale Photographie „In 80 Tagen um die Welt“, als auch von Hans-Jürgen Buderer, der sich der Kunst im Dienst der Repräsentation des pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp widmet. Ein weiterer kunstgeschichtlicher Beitrag von Stefanie Leibetseder „Bernini im Bild“ analysiert die Reproduktionsgrafiken von Giovanni Giacomo de Rossi als künstlerische Modelle für den kurpfälzischen Bildhauer Paul Egell. Michael Plumpe thematisiert die Landmünzen von Kurfürst Carl Ludwig und den Wiederaufbau der Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg. Demgegenüber rücken Patrick Schlarb und Horst Pulkowski kulinarische Köstlichkeiten in den Mittelpunkt. Einerseits sind es die edlen Branntweine aus
Mannheim, die von eingewanderten Hugenotten destilliert und verkauft wurden, anderseits die Käsekuchen, die „Burentorte“, der Prinzesskranz und der Mannemer Dreck aus der Konditorei Gustav Adolf Gerstel. An dunklere, jedoch unsere Gegenwart nach wie vor belastende Zeiten erinnern dagegen die Beiträge aus dem MARCHIVUM. Markus Enzenauer stellt die nationalsozialistischen Pläne und Entwürfe für den „Wiederaufbau“ der zerstörten Quadratestadt vor
und beantwortet die Frage, ob bzw. inwieweit man 1944/45 bereit war, auf die Trümmer der alten Stadt Rücksicht zu nehmen. Marco Brenneisen erinnert an das dreißigjährige Jubiläum der KZ-Gedenkstätte Sandhofen sowie die ebenso lange Arbeit des gleichnamigen Trägervereins.
Andreas Mix stellt unter der Überschrift „Straßenkampf in Rheinau“ das Gutachten des Mainzer Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte vor, das sich mit den Namensgebern der Straßen im Rheinauer „Kolonialviertel“ auseinandersetzt. Umrahmt werden die Beiträge von Glückwünschen für Prof. Dr. Hermann Wiegand zu seinem 70. Geburtstag und der Würdigung des scheidenden Generaldirektors der Reiss-Engelhorn-Museen, Prof. Dr. Alfried Wieczorek, sowohl für seine herausragenden Verdienste beim Ausbau des Reiß-Museums als auch für die fruchtbringende Kooperation mit dem MAV. Der Würdigung des Fördererkreises für die Reiss- Engelhorn-Museen und dem Dank der Vorsitzenden des MAV schließen sich die Herausgeber der „Mannheimer Geschichtsblätter“ nachdrücklich an.