Mazu Daoyi und Dazhu Huihai
Grundlegende Reden und Aufzeichnungen der Hongzhou-Schule des Chan-Buddhismus
Christian Wittern
Mazu Daoyi (709-788) und sein früher Schüler Dazhu Huihai gehören zu den herausragenden chinesischen Chan- (Zen-) Meistern. Obwohl die von ihnen repräsentierte Hongzhou-Schule des Chan-Buddhismus durch die große Buddhistenverfolgung 843-845 zunächst unterging, lebten ihre Grundanschauungen fort und wurden später durch die Traditionslinie des Linji Yixuan, der an Mazu anknüpfte, für lange Zeit zur bestimmenden Kraft des Chan in China.
Ein charakteristisches Kennzeichen von Mazus Lehre ist seine Absage an jeden verbindlich formulierbaren Weg zum Erreichen des Erlösungsziels. Die Vorstellung, daß in jedem einzelnen die Buddhaschaft wie „ein heiliger Embryo“ angelegt sei, übernimmt er aus der älteren Tradition. Für die Entwicklung bis zur vollen Reife aber muß jeder selbst den geeigneten Weg finden und gehen. In diesem Sinne ist auch die Geschichte über Mazus wohl bekanntestes Diktum zu verstehen: Als er sah, daß sich sein Satz „Der Geist ist Buddha“ im eigenen Schülerkreis zum Dogma zu verhärten begann, vertrat er plötzlich die gegenteilige These: „Weder Geist noch Buddha“ oder „Der Geist ist nicht Buddha“. Der richtige Standpunkt ist eben die Abwesenheit von Standpunkten.
Die hier zusammengestellten Texte wurden jahrhundertelang mündlich überliefert, bevor sie am Ende des 11. Jahrhunderts erstmals in einer Anthologie von Reden und Aufzeichnungen von Chan-Meistern gedruckt wurden.
Der in der Volksrepublik China lange Zeit unterdrückte Chan- (Zen-) Buddhismus erlebt seit etlichen Jahren wieder eine ungeahnte Renaissance. Zu den frühen Klassikern der chinesischen Chan-Meister gehören die Texte aus der bedeutenden und einflußreichen Hongzhou-Schule.