Metonymie und Grammatik
Kontiguitätsphänomene in der französischen Satzsemantik
Richard Waltereit
In der Forschung der letzten Jahre ist das Interesse an den rhetorischen Figuren Metapher und Metonymie neu erwacht, und es ist versucht worden, diese Figuren bzw. die ihnen zugrundeliegenden Assoziationstypen Similarität und Kontiguität als weitreichendes Prinzip sprachlicher Organisation zu begreifen. Hieran anknüpfend zeigt der Autor, daß der Mechanismus der Metonymie (z.B. lire Proust ‚ein Buch von Proust lesen‘) sich für eine Vielzahl satzsemantischer Erscheinungen des Französischen als relevantes und erklärungsmächtiges Prinzip erweist. In dependenzgrammatischer Perspektive wird zunächst dargelegt, wie Kontiguitätsphänomene in der Valenz französischer Verben lexikalisiert sind, insbesondere wie metonymische Relationen Polysemiemuster erschließen. Sodann werden Beschränkungen für die metonymische Besetzung verbaler Leerstellen untersucht. Hier erlauben besonders die Reflexivkonstruktionen und die reflexiven Verben sowie die Pertinenzkonstruktionen einen neuartigen Zugriff, der Alternativen zu bisher nur unbefriedigenden Lösungsvorschlägen aufzeigt. Sowohl die lexikalisierten als auch die an bestimmte Leerstellen gebundenen Phänomene belegen schließlich einen Primat des direkten Objekts für metonymische Prozesse.