Nächstenliebe und Barmherzigkeit
Schriften zur jüdischen Sozialethik
Michael Brocke, Jobst Paul
Aus jüdischer Sicht ist Gotteserkenntnis nicht denkbar ohne die ethische Selbstverpflichtung dem Mitmenschen gegenüber. Dabei geht es um mehr als um Gesinnung oder Mitleid, sondern um das tatsächliche Tun, aus Selbstachtung und Pflicht-Empfinden heraus: Die Liebe zum Nächsten soll Leidenschaft sein, den Mitmenschen vor Not und Unrecht zu bewahren, d.h. für Gerechtigkeit zu sorgen, Bedürftigen und Hilfesuchenden zur Seite zu stehen und sie mit Würde zu behandeln. Für die Empfangenden wiederum gilt, mit der ihnen zukommenden Mildtätigkeit verantwortlich umzugehen. 19 deutsch-jüdische Autoren thematisieren im vorliegenden Band die Lehre von Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit als Kern des Judentums. Sie beklagen zugleich, wie das Christentum diese Lehre dem Judentum aberkannte, um sie für sich selbst zu reklamieren, und dazu ein Zerrbild des Judentums schuf, das als Grundlage für Judenfeindschaft und Antisemitismus dient. Die Autoren sind sich gleichwohl gewiss, dass all dies die Geltung der jüdischen Religion nicht treffen kann.