Nu wol uf, ritter, ez ist tac!
Die Tagelieder des von Wissenlo
Marc Lewon
Kaum hatte sich von Frankreich her die Idee des hohen Minnesangs an den deutschen Höfen verbreitet, kam bereits eine Gegenbewegung auf.
Eine besonders beliebte Gattung dieses ‚Gegensangs‘ war das ‚Tagelied‘. Grundsituation dabei: Ein Paar hat die Nacht in Zweisamkeit und heimlich verbracht. Das Konfliktpotential: Ihre Zusammenkunft findet in der Regel im heimatlichen Gemach der Dame statt, die – was unausgesprochen bleibt – bereits verheiratet ist. Daher besteht bei Tagesanbruch in erster Linie die Gefahr der Entdeckung beider mit im günstigsten Fall anschließendem Ehrverlust.
Mit der Figur des „Wächters“ gibt es jedoch meist einen Dritten im Bunde, der mit der Aufgabe betraut wurde, das Paar rechtzeitig vor dem Morgengrauen zu warnen.
Diese Konstellation bietet den Rahmen für eine Vielzahl von möglichen Pointen und Wendungen, zu denen sich ein Dichter offenbar besonders hingezogen fühlte: Ein ‚von Wissenlo‘ hat in der Manessischen Liederhandschrift ausschließlich Tagelieder überliefert. Da seine Melodien in Ermangelung musikalischer Überlieferung verloren gegangen sind, wurden für die Edition neue, an historische Weisen angelehnte Melodien komponiert.
Die CD zum Buch ist im Verlag der Spielleute unter der Bestellnummer CD0403 erschienen: Die ‘Freiburger Spielleyt’ haben Lieder aus der berühmten ‚Manessischen Liederhandschrift‘, die einem von Wissenlo zugeschrieben werden, vertont.