Ohne Filter
Arbeit und Kultur in der Tabakfabrik Linz
Waltraud Kannonier- Finster, Meinrad Ziegler
Die ehemalige Tabakfabrik Linz war der größte Betrieb innerhalb des staatlichen Konzerns Austria Tabak. Das Unternehmen wurde 2001 privatisiert und an den britischen Konzern Gallaher verkauft. Nach der Übernahme von Gallaher durch den japanischen Konzern Japan Tobacco International wurde die Linzer Fabrik im Jahr 2009 geschlossen.
Sie weist nicht nur eine hervorragende Industriearchitektur auf. In ihr wurde auch eine bemerkenswerte Betriebskultur gelebt, die in ihren Wurzeln auf die Traditionen des k.u.k. Staatsbetriebes aus dem 18. Jahrhundert zurückreicht. Die Erfüllung der ökonomischen Anforderungen eines modernen Industriebetriebes war in ein umfassendes System betrieblicher Sozialpolitik eingebunden, bestehend aus Werkswohnungen, einem Betriebssportverein, dauerhaften Dienstverhältnissen und zahlreichen Sozialleistungen.
Das vorliegende Buch zeigt, wie diese Betriebskultur und ihre Entwicklung nach 1945 aus der Perspektive der Belegschaft wahrgenommen wurde. Sichtbar wird, dass betriebliche Sozialpolitik nicht im Widerspruch zu Leistung und Produktivität steht, sondern dass die sozialen Bindungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Betrieb den ökonomischen Zielen förderlich sein können. Sichtbar wird auch, dass stabile Grundstrukturen in den Arbeitsverhältnissen eine würdevolle Gestaltung der individuellen Lebensverhältnisse der Belegschaftsmitglieder ermöglichen.
Die Studie möchte einen Beitrag zu der Erkenntnis zu leisten, dass Privatisierung und Verkauf des staatlichen Unternehmens Austria Tabak einen politischen und ökonomischen Verlust für die österreichische Gesellschaft bedeuten. Die politische Logik, die zu dieser Entwicklung geführt hat, brachte eine Kultur zum Verschwinden, in der Arbeit und Leben positiv aufeinander bezogen werden konnten.