Optimierung der Produktivität des Polyurethan-Pultrusionsprozesses
Benedikt Kilian
Ein breiterer Einsatz von Profilen aus endlosfaserverstärkten Kunststoffen setzt eine stärkere Industrialisierung des Pultrusionsprozesses voraus, was insbesondere eine weitere Steigerung der Produktionsgeschwindigkeit ohne Verminderung der Bauteilqualität oder Prozessstabilität erfordert. Aufgrund der hierdurch verringerten Zeit für die Imprägnierung der Verstärkungsfasern und für die Aushärtung des Reaktionsharzes sowie der tendenziell steigenden Abzugskraft besteht Forschungsbedarf hinsichtlich einer optimierten Injektionsboxgeometrie, einer optimierten Heizstrategie sowie zur Verringerung der entstehenden Abzugskraft.
Vor diesem Hintergrund leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zum grundlegenden Prozessverständnis. Es wird untersucht, wie die Imprägnierung, Aushärtung und Entstehung der Abzugskraft bei hohen Pultrusionsgeschwindigkeiten verbessert werden können. Auf Basis der Ergebnisse von Experimenten mit einer Injektionsbox mit variablem Öffnungswinkel kann eine Injektionsboxgeometrie spezifiziert werden, die Prozessstabilität und gleichbleibende Bauteileigenschaften über einen breiten Geschwindigkeitsbereich gewährleistet. Zudem wird gezeigt, dass die Verringerung des Öffnungswinkels den entscheidenden Hebel zur Erreichung eines höheren Imprägnierdrucks darstellt. Dies erfordert allerdings eine entsprechend steif ausgelegte Werkzeugtechnik und führt gleichzeitig zu einer tendenziell größeren Abzugskraft. In Verbindung mit optimierten Werkzeugtemperaturen, die mithilfe von Machine-Learning-Modellen und verschiedenen Optimierungsalgorithmen identifiziert wurden, kann die Produktionsgeschwindigkeit theoretisch um 35 % im Vergleich zum Referenzpunkt gesteigert werden, ohne dass sich die Bauteilqualität verschlechtert. Die optimale Heizstrategie sieht abweichend vom Stand der Technik eine schnelle Wärmeeinbringung sowie eine aktive Kühlung von hinteren Teilbereichen des Werkzeugs vor. Der charakteristische Verlauf der umsatzabhängigen Reibungszahl zeigt jedoch, dass dies mit einer Steigerung der Abzugskraft einhergehen würde. Zudem ist eine effektive thermische Trennung von Injektionsbox und Werkzeug nötig, um eine ausreichende Prozessstabilität zu gewährleisten. Unabhängig von der Werkzeugbeschichtung wäre im Hinblick auf eine geringe Abzugskraft eine möglichst lange Flüssigzone im Werkzeug optimal. Dies steht allerdings im Konflikt mit der optimalen Heizstrategie, die eine kurze Flüssigzone zur Folge hat. Demnach ist je nach Anwendungsfall durch Gewichtung der einzelnen Optimierungsmaßnahmen ein Kompromiss zur Erreichung eines globalen Optimums erforderlich.