Panathenäische Preisamphoren und rotfigurige Keramik aus dem Heraion von Samos
Bettina Kreuzer
Der vorliegende Band ist der Vorstellung der panathenäischen Preisamphoren und der rotfigurigen Gefäße gewidmet, die in Athen zwischen dem späten 6. und dem späten 4. Jh. v. Chr. hergestellt wurden; sie wurden im Heraion von Samos als Votive aufgestellt, später abgeräumt und meist als Füllmaterial für neue Bauprojekte wiederverwendet. Ein Katalog bietet grundlegende Informationen zu den einzelnen Stücken, die durch Fotos und Profilzeichnungen illustriert werden. Das Material ist von großer Bedeutung, es bietet zwei unterschiedliche Materialgruppen, die im Hinblick auf Malerwerkstätten, aber auch im Hinblick auf die Motivation der Käufer und die Weihepraxis unerwartete und spannende Ergebnisse geliefert hat. Die Fragmente panathenäischer Preisamphoren stammen fast ausschließlich aus dem frühen 5. Jh. v. Chr. Einzigartig sind innerhalb dieser Gruppe die mindestens 17 panathenäischen Preisamphoren des sog. Malers der samischen Preisamphoren: Sie sind nicht nur die ersten Weihgaben dieser Art im Heraheiligtum, sie präsentieren mit ihren verschiedenen Rückseitenbildern auch einen in diesem Umfang einzigartigen Querschnitt durch die Wettbewerbe, die bei den Panathenäen, dem wichtigsten Fest der Athener, abgehalten wurden; für jeden dieser Wettbewerbe wurde ein Satz an Amphoren vergeben, die den eigentlichen Preis, das Olivenöl aus den heiligen Hainen der Athena enthielten. In diesen Gefäßen manifestierte sich das Ansehen und der Wohlstand des Siegers, beide wollte der wahrscheinlich samische Stifter, mit seinen wohl auf dem Markt erworbenen Votiven demonstrieren; mit den Gefäßen eines Malers, der für uns namenlos, aber wohl wenig später unter dem modernen Namen Berliner Maler ein Großer seiner Zunft werden sollte, und der etwa zwei Jahrzehnte später noch einmal einen Auftrag für solche Gefäße übernehmen sollte. Die rotfiguren Gefäße zeichnen sich in der ersten Phase des Imports durch besonders gute Qualität aus; darunter sind vor allem Gefäße für das Symposion, Gefäße von den führenden Malern wie Euphronios oder Duris. Nach einem Hiat zwischen etwa 440 und 410 wird Durchschnittsware im Heiligtum aufgestellt, darunter viele Kratere für die männlichen Teilnehmer an den Symposien im Heiligtum, aber auch Salbgefäße, die sich eng mit der beschenkten Gottheit verbinden lassen. Die Lücke im Befund, die zeitlich mit den politischen Auseinandersetzungen zwischen Samos und Athen zusammenfällt, lässt sich am ehesten als ›kultureller Protest‹ der Samier gegen die Produkte der Hegemonialmacht Athen erklären.Die Funde erlauben uns also einen Blick in das Heiligtum klassischer Zeit und machen erneut deutlich, welch wichtigen Stellenwert das Heraion von Samos auf der Karte des östlichen Mittelmeergebiets einnahm.