Panik – Science-Fiction-Klassiker
Reinhold Eichacker
Mabel Earthcliffe sah zögernd noch einmal den Text durch. Darin klopfte sie mutig und drückte das Schloß auf. Sie stockte ein wenig, den Fuß auf der Schwelle. Der Anblick des Raumes ging ihr auf die Nerven, so gut sie ihn kannte. Ein riesiger Saal sprang sie an, wie ein Tierpark. Buntfarbige Teppiche mit eingewebten Zahlen, Strichen und Zeichen liefen quer über den Boden. Seltsam verschlungene, windschiefe Möbel hüpften und sprangen aus Ecken und Winkeln und sammelten sich um den kreisrunden Schreibtisch. Rechtecke, Rhomben, Zylinder, Kegel und Prismen. Hochlehnige Stühle in Form algebraischer Wurzeln umstanden die Fenster. Ein Rudel tollwütiger Integralzeichen sprang hoch an den Wänden und ihren Tapeten. Kein Gegenstand in diesem Saale, der nicht mathematisch berechnet, geboren, gestaltet – – Mabel Earthcliffe strich sich unbewußt über Augen und Stirne und trat auf den Teppich. Jedesmal hatte sie hier ein Gefühl, als ginge sie durch einen Ameisenhaufen. Wie hunderte, seltsame, lebende Wesen ringelten sich die Figuren des Bodens kraus um ihre Füße. Ihr Blick irrte suchend rings über die Möbel. Es war wie ein Dickicht voll lauernder Bestien. Gerade ihr gegenüber dehnte sich eine riesige Wand. Ohne Fenster, schwarz, opak. Eine einzige finstere Tafel phantastischen Umfangs, aus mattgeschliffenem Spiegelglas, über die ganze Breite des Saales bis hoch an die Decke. Ein glitzerndes Etwas sauste darüber, an einem verworrenen Spinnetz metallischer Stangen und endloser Drähte. Schoß quer durch das Schwarz, wie ein zierliches Webschiff, und zog weiße Linien, Punkte und Zahlen: Der Mathematiker Earthcliffe war bei seiner Arbeit. Nur solch gigantische Rechentafel genügte den riesigen Reihen der Zahlen und Formeln und krausen Figuren des großen Gelehrten. Der raffiniert ausgedachte Mechanismus bewegte den Schreibstuhl im Takt der Gedanken und ganz nach Bedarf vor der haushohen Fläche. Miß Mabel …