Persische Poesie alla Turca
Sprache, Exil und die Grenzen der kulturwissenschaftlichen Iranistik
Franz Römer, Florian Schwarz, Susanne Weigelin-Schwiedrzik
Außereuropäische Kulturwissenschaften erheben gerne den Anspruch, Brücken zwischen Kulturen zu schlagen. Oder konstruieren Disziplinen wie die Iranistik im Prozess des kulturellen Übersetzens jene Kulturen, mit denen sie sich beschäftigen? Kann man die Orientalismusfalle umgehen? Das Werk der Dichterin Dilschod erlaubt eine Annäherung an die Frage »Was ist (und wozu) Iranistik?« aus einer ungewohnten Richtung: nicht aus der Mitte der persischen kulturellen Tradition, sondern von deren Rändern. Dilschod, um 1800 im heutigen Tadschikistan geboren, erlebte in ihrem über hundertjährigen Leben Vertreibung und russische Kolonisierung. Bis zu ihrem Tod um 1904 schuf sie ein ungewöhnliches poetisches Werk in persischer und türkischer Sprache. An die Ränder der Manuskripte ihrer Dichtung setzte sie autobiographische Prosaskizzen. Die spätere sowjetische und post-sowjetische Rezeption stellte ihr Werk in den Dienst der Schaffung von Nationalkulturen in Usbekistan und Tadschikistan. Leben, Werk und Rezeption der Dichterin werden von wechselnden sprachlichen, gesellschaftlichen und politischen Grenzen durchzogen. Sie werfen wichtige Fragen zu den Grenzen von kulturellen Traditionen und von Kulturwissenschaften auf.