Pfarrer Theodor Krummachers Konfirmandenunterricht an der Kaiserin Augusta-Stiftung zu Potsdam im ersten Kriegsjahr 1914-1915
Nach dem Zeitzeugnis seiner Konfirmandin Ellen Richter
Friedrich Erich Dobberahn
Ellen Richter ist 14 Jahre alt, als sie im April 1913 als Internats-Schülerin an die renommierte Kaiserin Augusta-Stiftung nach Potsdam kommt. Unterrichtet wird sie dort in den klassischen Fächern eines Lyceums, wobei Kunstgeschichte, Zeichnen, Klavierspiel und Handarbeiten dazukommen Der Religionsunterricht, der innerhalb von zwei Jahren als Katechumenen- und Konfirmandenunterricht zur Konfirmation führt, wird von dem Hausgeistlichen der Kaiserin Augusta-Stiftung, Pfarrer Theodor Gustav Hermann Adam Krummacher (1867-1945) erteilt, der zugleich als Pfarrer der benachbarten Pfingstkirche und persönlicher Seelsorger der kaiserlichen Familie in Potsdam amtiert.
Ellen Richter führt über ihre Zeit in Potsdam 1913-1915 Tagebuch und erlebt den Ausbruch des Ersten Weltkriegs in unmittelbarer Nähe zum Kaiserhof mit. Im ersten Kriegsjahr 1914-1915 protokolliert sie in ihrem Konfirmandenheft den Kirchlichen Unterricht bei Pfarrer Theodor Krummacher. Dadurch gewährt sie nicht nur einen Einblick in dessen religionspädagogische Methodik, die sich an Luthers Kleinem Katechismus und den damals vielfach zu Rate gezogenen „Katechetischen Bausteinen“ Dr. theol. K. L. Schultzes orientiert, sondern ihr Konfirmandenheft spiegelt auch das allmähliche Eindringen der protestantischen Kriegstheologie in das Denken der Unierten Staatskirche in Altpreußen (Evangelische Kirche der Union) wider. In ihrem Tagebuch setzt sich Ellen Richter deutlich von jeder Kriegsbegeisterung ab, indem sie dort eine kleine Anthologie von Anti-Kriegsgedichten zusammenstellt.