Politische Konflikte eines Unpolitischen
Anton Halbritter (1896-1954). Vom Sanitäter zum Seelsorger in Kriegs- und Krisenzeiten
Maria Halbritter
Die biographische Studie zu Anton Halbritter liefert Einblicke in die praktische Arbeit eines katholischen Seelsorgers in den Kriegs- und Krisenzeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Anton Halbritter meldet sich im 1. Weltkrieg mit 18 Jahren freiwillig zum Sanitätsdienst. Er will keine Waffen bedienen, aber auch kein Drückeberger sein. Vier Jahre als Krankenträger werden zur Schlüsselerfahrung seines Lebens. Er studiert Theologie, entschlossen, sein Leben der Seelsorge als Dienst an den Menschen zu widmen. Die Nähe zum Alltag der Menschen ist ihm wichtiger als Vorgaben von Institutionen. Als Chorregent in Kiedrich im Rheingau initiiert er die Wiederaufnahme des gotisch-germanischen Mainzer Choraldialekts und belebt so das erstarrte kirchliche Gemeindeleben neu. Was bei der Jugend auf Zustimmung stößt, löst bei einem Teil der Gemeinde Widerstand aus. Als Seelsorger in der staatlichen Heilanstalt Eichberg gerät er in der Zeit des Nationalsozialismus durch die Maßnahmen zur Vernichtung unwerten Lebens in Konflikte mit der Anstaltsleitung. Dabei erlebt er die zögerliche Hilfe und zaudernde Haltung seiner Kirche. So kommt es zu Auseinandersetzungen, denen er nicht ausweicht. Sie lassen den vermeintlich Unpolitischen nun politisch handeln. Auch nach seiner Zwangsversetzung nach Neuhäusel/Westerwald übt er sein Amt als Seelsorger wie bisher pragmatisch, zupackend und selbstlos aus. Eigenschaften, die gerade in Kriegs- und Notzeiten den Dorffrieden bewahren helfen. Nach 1945 ist er mit den Folgen einer zunehmend sich säkularisierenden Gesellschaft und dem Einflussverlust der katholischen Kirche konfrontiert. Wieder sieht er sich herausgefordert, entgegen dem Zeitgeist im Sinne seines Selbstverständnisses als Seelsorger zu handeln.