Postmoderner Populismus
Ideologie und Post-Politik in der regressiven Moderne
Frank Buhren
Der Vorwurf des Populismus ist nicht nur längst ubiquitär geworden, er ist auch hervorragend dazu geeignet, jede Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen von vorneherein zu delegitimieren und den progressiven Neoliberalismus, der zur hegemonialen Ideologie der westlichen Gesellschaften aufgestiegen ist, als besonders aufgeklärt und kritisch erscheinen zu lassen.
Eine Immunisierungsstrategie, die ohne den Einfluß der Postmoderne und ihrer Verwerfung der Vernunft wie der Leugnung der gesellschaftlichen Realität, die über die cultural und postcolonial studies tief in die Lifestyle-Ideologie des Linksliberalismus eingewandert sind, kaum denkbar wäre.
Nur sind Multikulturalismus, Identitätspolitik und political correctness als existenzielle Bestandteile des progressiven Neoliberalismus keineswegs so grundverschieden vom vermeintlichen oder realen Populismus, wie ihre Anhänger glauben machen, sondern verdanken ihren Aufstieg genau wie der Populismus der regressiven Modernisierung und den mit ihr verbundenen Individualisierungsschüben, die psychoanalytisch betrachtet eine tiefgreifende Regression der Individuen ausgelöst haben, die das Einfallstor für die verschiedensten ideologischen Mobilisierungen bildet.