Prélude Nr. 10
José Luis de la Cuadra
Der Starpianist Claude Richard zieht sich vom Konzertleben zurück und verfällt der Klangwelt eines einzigen Musikstücks, eines Préludes. Es beschreibt mit Klängen die bretonische Legende von der versunkenen Stadt Ys. Er verlässt Frau und Kinder und begibt sich auf eine Reise in die Bretagne. Dort begegnet er auf einer Schiffsüberfahrt von Brest nach Douarnenez seiner vermeintlich großen Liebe. Im Liebesrausch wähnt er sich zunehmend in der Welt von Legenden und Opern. Als seine Leidenschaft in eine Tragödie auszuufern droht, rast er mit seinem Porsche in eine Felsformation an der atlantischen Küste. Er wird seither vermisst. Ein Jahr später folgen Pascal und Emma, zwei Freunde des Verschollenen, seinem Tagebuch und begeben sich auf dieselbe Reise. Sie erfahren, dass der Vermisste sich in wahnhafte Vorstellungen verstrickt hat. Einmal sah er sich als Tristan, der sich in Isolde verliebt, ein anderes Mal als Pelléas aus der Oper Pelléas und Mélisande, einem lyrischen Drama, das im Brudermord endet. Als der Pianist in der Bretagne seinem leiblichen Halbbruder begegnet, steht das Drehbuch für ihn fest: Die Oper hat es vorweggenommen.
Die aufkeimende Leidenschaft, die zwischen Pascal und Emma entstanden ist, zerbricht an den Enthüllungen des Tagebuchs. Emma reist zurück nach Paris und Pascal nähert sich allein der Tragödie, die dem Starpianisten widerfahren ist. Er findet ihn in Brest, in Betreuung eines psychiatrischen Dienstes, an einem Piano sitzend und wie besessen sein Prélude spielend. Was ihm widerfahren ist, kann Pascal nun erahnen.