Radius in manu Dei
Ethos und Bioethik in Werk und Rezeption des Anatomen Niels Stensen (1638-1686)
Frank Sobiech
Der dänische Anatom und Bischof Dr. med. Niels Stensen (1638–1686), als erster moderner Naturwissenschaftler 1988 in Rom seliggesprochen, lieferte zur sog. Wissenschaftlichen Revolution der Frühen Neuzeit wesentliche Beiträge. Er war es, der als erster nachwies, dass jede Frau ein Ovarium besitzt. In Kopenhagen, wo Stensen 1673 am universitären Hebammenexamen mitwirkte, krönte und beschloss er seine Laufbahn als Wissenschaftler mit der Schausektion einer Frauenleiche.
Vorliegende medizinhistorisch-theologische Studie stellt erstmalig Stensens Ethos, dessen medizinethische und theologische Implikationen sowie Rezeption durch Mediziner und Naturwissenschaftler vom 17. Jahrhundert an bis heute dar. Im Mittelpunkt der Studie stehen Fragen der Bioethik, vor allem der menschlichen Fortpflanzung, der Sexualethik, des Lebensbeginns und der Beseelung des Embryos, sowie ein Plagiatsfall und pastorale Grenzfragen. Trotz zeitlicher Distanz halten Person und Werk Stensens für die Fragen nach dem Wesen des Berufsethos in medizinischer Wissenschaft und ärztlicher Praxis erstaunlich aktuelle Antworten bereit.