Rassismus in der Sozialen Arbeit und Rassismuskritik als Querschnittsaufgabe von Hunner-Kreisel,  Christine, Wetzel,  Jana

Rassismus in der Sozialen Arbeit und Rassismuskritik als Querschnittsaufgabe

Perspektiven für Wissenschaft und Praxis

Rassismus, Diskriminierungs- und Othering-Prozesse sind keine neuen Phänomene
in unserer Gesellschaft. Insbesondere im Zusammenhang mit dem europäischen
Grenzregime und den Flucht- und Migrationsbewegungen des Jahres
2015 und 2016 lässt sich jedoch eine zunehmende und radikalisierende, gleichzeitig
auch scheinbar selbstverständliche Orientierung an vermeintlich religiös
und kulturell markierten Differenzierungen feststellen. Die zunehmende Akzeptanz
von rechten und rassistischen Äußerungen und Praktiken auch jenseits
organisierter, alter und neuer Strukturen der Rechten, kann in einen Zusammenhang
mit dem Zugewinn an Wähler*stimmen der AfD bei den Landtagswahlen
in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg im März
2016 sowie inzwischen über ihren Einzug als drittstärkste Partei in den deutschen
Bundestag im Jahr 2017 gestellt werden. Neben Formen von direktem
Rassismus, wie bspw. in Form von körperlichen Angriffen, eindeutigen Bezügen
mit rassistischer Sprache oder Symbolik, existieren wesentlich subtilere Formen
von Rassismus, die von einem Großteil der Weißen Mehrheitsangehörigen nicht
erkannt oder benannt werden. Damit wird Rassismus aus der ›Mitte der Gesellschaft‹
ausgelagert und als Problem von individuellen Einstellungen sowie
verkürzt als Vorurteile und Stereotypisierungen wahrgenommen, gedeutet und
bearbeitet. Stattdessen muss Rassismus als Machtproduktion auf der Grundlage
von rassistischen Herrschaftsstrukturen unserer Gesellschaftsordnung
(an-)erkannt und thematisiert werden, um als Konsequenz die Betroffenheit
aller
in den Fokus der Analysen zu rücken.
Rassismus zeigt sich auch als wahrnehmungs- und handlungsleitend in Wissenschaft
und Praxis der Sozialen Arbeit. Umso wichtiger ist es in Kontexten
von Pädagogik und Sozialer Arbeit Räume für dekonstruierende Perspektiven zu
fördern und nicht in homogenisierenden und essentialisierenden Unterscheidungslogiken,
wie in interkulturellen Konzepten weit verbreitet, zu verbleiben.
Es muss darum gehen, kritisch auf die gesellschaftliche und soziale Hervorbringung
von Positionierungen zu blicken.

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