Räumliche Orientierung in nilotischen Sprachen
Raumkonzepte – Direktionalität – Perspektiven
M Lionel Bender, Norbert Cyffer, Angelika Mietzner, Franz Rottland, Anne Storch
Die nilotischen Sprachen erstrecken sich vom Sudan im Norden nach Tansania im Süden und von Uganda im Westen nach Kenia im Osten. Einige Sprachen werden auch im Westen Äthiopiens gesprochen.
In dieser vergleichenden Arbeit werden Bereiche der räumlichen Orientierung, der Direktionalität und der Perspektive auf ihre Veränderbarkeit bezüglich semantischer Funktionen untersucht.
So können z.B. Bezeichnungen für Himmelsrichtungen in den unterschiedlichen nilotischen Sprachen nicht jeweils auf eine protonilotische Form zurückgeführt werden, sie zeigen vielmehr verschiedene Lexeme, die abhängig von der Landschaftsform oder anderen Eigenschaften sind, die das Wohngebiet der Sprecher bestimmen. Eine ähnliche Diversität zeigt sich bei den verbalen Richtungsmorphemen Itiv und Ventiv, die nicht alleine als direktionale Morpheme erscheinen, sondern semantische Funktionen wie Simultaneität oder zeitliche Distanz implizieren, die mit Richtung nicht mehr in Verbindung gebracht werden können. Auch die Versprachlichung perspektivischer Betrachtungsweisen, die im Allgemeinen mit Hilfe des Single File-Modells und des Face to Face-Modells beschrieben werden, ist ein Bereich der räumlichen Orientierung, der sich in Sprachkontaktsituationen als nicht stabil erweist.
Aus diesen – und weiteren – Beobachtungen deutet sich eine Divergenz in den Bereichen der räumlichen Orientierung an. Da für nilotische Sprachen keine Beschreibungen zu Räumlichkeit und Wahrnehmung vorliegen, wird mit der vorliegenden Arbeit auch ein Beitrag zu der deskriptiven Situation des Gebrauchs von Räumlichkeit und Deixis in einzelnen nilotischen Sprachen geleistet.
Über die Autorin:
PD Dr. Angelika Mietzner, die hiermit ihre überarbeitete Dissertation veröffentlicht, ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität zu Köln tätig.