Rechtsextremismus bei Frauen
Zusammenhänge zwischen geschlechtsspezifischen Erfahrungen und politischen Orientierungen
Gertrud Siller
Am Beispiel von sechs Berufsschülerinnen der Altersgruppe von 18 bis 25 Jahren macht die Autorin sowohl Motive und Formen der Übereinstimmung mit rechtsextremistischem Denken und Verhalten als auch der Nichtübereinstimmung, der Skepsis und der Zurückhaltung auf der Basis der spezifischen Lebenszusammenhänge sichtbar. Als besonders problematisch bzw. „förderlich“ für die Entwicklung rechtsextremistischer Orientierungen hat es sich erwiesen, wenn Frauen ihre Lebensentwürfe polarisieren, d. h. wenn sie versuchen, sich entweder an als „männlich“ geltende Verhaltensstereotype anzugleichen, um darüber Gleichberechtigung und Gleichheit mit Männern zu erreichen, oder sich an Weiblichkeitsstereotype orientieren und darüber Sicherheit und Schutz von Männern fordern. In rechtsextremistischen Orientierungen drückt sich ihr Problem damit aus, im Rahmen ihrer Konflikte zwischen „Heimchen am Herd“ und „Emanze“ eine Authentizität zu entwickeln, in der Frauen auf rollenförmiges Verhalten nicht mehr angewiesen sind. Deutlich wird gerade bei ihnen: Der Entgegensetzung von Deutschen und Ausländern, von Frauen und Männern, von „Emanzen“ und „Heimchen am Herd“ liegt dasselbe Denkschema zugrunde, das anhand der Geschlechterstereotype exemplarisch gelernt wird.