Religiöse Andersdenkende in der Sowjetunion während des Kalten Krieges
Orthodoxe Christen in der Auseinandersetzung mit ihrer Kirchenleitung und Staatsführung
Christian Antonius Föller
Die religiösen Andersdenkenden in der Sowjetunion der 1960er- bis 1980er-Jahre stellten sich nicht nur gegen die Einschränkungen des religiösen Lebens durch den Staat, sondern auch gegen die offizielle Haltung der Russischen Orthodoxen Kirche zur sowjetischen Kirchenpolitik und Regierung. Die Dissidenten forderten religiöse Freiheiten, die der Staat nicht umsetzen wollte, und kritisierten die Leitungsebene der Kirche, die ihnen keine Unterstützung bot. Trotz alledem verstanden sich die religiösen Dissidenten ausdrücklich als zur russischen Orthodoxie zugehörig.
Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, welche Motive und Ziele als Antrieb für das religiös motivierte Handeln der Andersdenkenden dienten und analysiert die von ihnen vorgebrachten Argumente systematisch. Ebenso wird der religiöse Dissens in seinem sowjetischen Kontext verortet und das Verhältnis zwischen sowjetischem Staat, orthodoxer (Amts-)Kirche und gläubigen orthodoxen Christen beleuchtet.