Romania Gallica Cisalpina
Etymologisch-geolinguistische Studien zu den oberitalienisch-rätoromanischen Keltizismen
Joachim Grzega
Während der keltische Wortschatz in der Gallia Transalpina bereits mehrfach in sprachhistorischen Arbeiten beleuchtet wurde, ist den keltischen Appellativa in der Cisalpina nicht die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet worden. Die vorliegende Arbeit sammelt nach einer kurzen Erörterung der vermuteten Substrate in (cis)alpinen Regionen zunächst alle in der Fachliteratur verzeichneten westromanischen Wörter, die mutmaßlich keltischen Ursprungs sind, und unterzieht diese einer kritischen etymologischen Diskussion unter Berücksichtigung eines Katalogs aus fünf Kriterien; dabei wird die Wichtigkeit der semantischen Perspektive hervorgehoben. Es wird zwischen genuin keltischen und diakeltischen sowie in loco tradierten und gewanderten Reliktwörtern unterschieden. Aus der Studie wird mit den Mitteln der Dialektometrie ersichtlich, daß es innerhalb der Cisalpina zum einen ein deutliches West-Ost-Gefälle der Verbreitung keltischer Reliktwörter gibt (das sich mit den archäologischen, historischen und toponomastischen Ergebnissen deckt), zum anderen ein weniger deutliches Nord-Süd-Gefälle. Dabei erstaunt, daß das Etikett „agallicitàacelticità“ lexikalisch eher auf das Emilianische und das Romagnolische zutrifft als auf die Idiome des Veneto und Graubündens. Für die Klassifikation romanischer Mundarten auf der Basis der Substrate müssen die rätoromanischen Idiome sicher zusammen mit den oberitalienischen Dialekten als eine Einheit betrachtet werden.