Rumänische Helden
Vom Realsozialismus zum EU-Vorsitz. Reportagen, Porträts, Interviews, Essays und Analysen aus 33 Jahren
Traian Pop, Andreas Saurer
Im August 1983 lernte ich im Reich von Diktator Nicolae Ceau- șescu den rumäniendeutschen Ly- riker und Journalisten Horst Sam- son kennen. In den folgenden Jah- ren bis zu seiner Emigration im März 1987 schrieben wir uns regelmässig Briefe. Manche seiner Sendungen aus Timișoara trafen nie bei mir in Bern ein. Jetzt hat sich Samson im Archiv der Be- hörde zur Aufarbeitung der Se- curitate-Hinterlassenschaft in Bu- karest durch die 862 Seiten seiner Akte gearbeitet. Dort stiess er auch auf manchen dieser verschollenen Briefe, teils ins Rumänische übersetzt und mit Notizen versehen. Und so lese ich nun mit über
24 Jahren Verspätung in einem an mich gerichteten Brief vom
19. Februar 1985: «Soeben hat man uns wieder den Strom abgeschaltet, damit wir im Dunkeln – und bei zurzeit 14 Grad – über den Sozialismus nachdenken können.»
Aus: Behütet, beschattet und verkauft
Es war Liebe auf den ersten Besuch zu diesem geographisch schönen und politisch reizenden Land in Osteuropa. Damals, im August 1983, war Ru- mänien noch schwer gezeichnet von der Diktatur des kommunistischen Im- perators Nicolae Ceauşescu, gestützt auf eine allmächtige Parteiclique und den berüchtigten Geheimdienst «Se- curitate». Der Historiker aus Grau- bünden, dem einzigen dreisprachigen Kanton der Schweiz, Andreas Saurer, Journalist und Dichter, viele Jahre hauptberuflich als Auslandsredaktor der «Berner Zeitung» tätig, sollte nach seinen ersten Kontakten als Student im Jahre 1983 von diesem Landstrich nicht mehr loskommen. Über fast vier Jahrzehnte hinweg behielt er die gesellschaftspolitischen, kulturellen Verhältnisse und Entwicklungen, Handlungen und Wandlungen im Auge, arbeitete sich neugierig und akribisch tief in eine zuweilen schwierige Materie ein, besuchte in regelmäßigen Abständen Land und Leute. Seine nüchterne analytische Gabe und der unbestechlich genaue Blick machen Andreas Saurer zu einem ausgewiesenen Kenner und Freund Rumäniens. Seine versierten, kritischen Berichte, die Interviews und Reportagen, in knapper, klarer Sprache verfasst, entstanden ungetrübt von parteiischen Vernetzungen, sondern durch das scharfe Auge des beobachtenden Fremden betrachtet und sind auf prägnante Weise bedeutsame journalistische Zeugnisse der Zeitgeschichte.
Horst Samson