Schlechtwetterzonen Band V
Mein Bruder Mario Reich
Werner Schwarz
Mit diesem Buch liegt nun bereits Band V der Bücherreihe „Schlechtwetterzonen“ des Autors Werner Schwarz vor. In mancher Hinsicht knüpft dieser an die Bände I und II an, in denen der Autor auf sehr persönliche Weise Teile seiner Biografie literarisch verarbeitet hat. Dabei setzt dieses Buch einen bestimmten, neuen Akzent. Hier geht es nun vor allem um den Lebensweg des Bruders von Werner Schwarz, Mario Reich, der im tiefsten Sinne durch Bluts- und mentale Verwandtschaft eng mit dem des Autors verwoben ist.
Mario ist eines der sechs Geschwister des Autors, der genau wie dieser selbst in verschiedenen Kinderheimen aufgewachsen ist. Dort war er ebensolchen Drangsalen und Quälereien ausgesetzt, wie sie leider in den bundesdeutschen Kinderheimen in den 1960er und 70er Jahren sehr häufig waren. Ca. 1973 verlegte das Vaterland Mario und den weiteren Bruder, Roy, nach Berlin, wo beide Brüder alsbald in der Drogenszene landeten. Die Trennung von Werner war schon 3 Jahre vorher erfolgt. In den folgenden vielen Jahren haben sie keinen Kontakt zueinander gefunden, da keiner vom anderen wusste, wo sich dieser befindet. Es stellte sich daher schwierig dar, all die verlorenen Jahre zu recherchieren. Ein lebensbegleitender Freund von Mario über all diese Zeiten hinweg war Klaus. Auch ihm ist es zu verdanken, dass die fehlenden Jahre der Brüder rekonstruiert werden konnten. Im Drogensumpf dieser großen Stadt folgten bei Werners Brüdern Beschaffungskriminalität und einige Gefängnisaufenthalte.
Doch dann wendet sich das Blatt. Roy stirbt mit 34. Mario gelingt es, sich aus dem Drogensumpf und allem, was damit zusammenhängt, zu befreien. Mit viel Verständnis und Empathie zeichnet der Autor diese Wandlung nach und der Leser spürt deutlich, wie stolz er auf seinen Bruder ist, dass er eine solche Wandlung vollzogen hat. Mario, den die kriminelle Vergangenheit nicht verbogen oder seelisch verkrüppelt hat, wird zu einem erfolgreichen Geschäftsmann.
Mit 51 Jahren, noch keine 20 Jahre auf dem Pfad eines rechtschaffenen Menschen, ereilt Mario erneut ein so nicht vorhergesehenes Schicksal. Er erleidet einen Herzinfarkt, wird laienreanimiert, fällt ins Wachkoma. Durch massive Geschehnisse und aufgrund der fehlenden Patientenverfügung gerät er erneut in die Hände des Vaterlandes. Werner verliert das Mitbestimmungsrecht, ist der Machenschaft der vaterländlichen Betreuung mit all deren gesetzlichen Stolpersteinen uneingeschränkt ausgeliefert. Doch hier lässt es der Autor nicht beim bloßen Konstatieren des Geschehenen bewenden. Er hinterfragt, stellt dabei anderen unbequeme, aber gerade heute sehr aktuelle, unangenehme Fragen.
Das Vaterland ist mit Werner und seinen Geschwistern noch lange nicht fertig. Eine Fortsetzung, einen Teil 2, mit dem Titel „Mein Bruder Mario Reich – Gott verdammtes Vaterland“ zu all diesen noch klärenden Geschehnissen wird es daher geben und wird sich als Band VI, der Bücherreihe Schlechtwetterzonen einreihen. Darüber hinaus ist dieses Buch durchweg lesenswet und berührt durch den Umstand, dass manches des Dargestellten auch auf den Rezipienten zukommen könnte.