Schlussfolgerndes Denken und fachspezifisches Vorwissen als Prädiktoren der Studienleistung im Fach Psychologie
Maren Formazin
Internationale Befunde der Studienzulassungsforschung weisen sowohl die Schulabschlussnote als auch Leistungstests als gute Prädiktoren der späteren Studienleistung aus. Dabei fokussierte die Mehrheit der Untersuchungen auf die prädiktive Validität der Noten und einzelner Verfahren sowie ihrer inkrementellen Validität zueinander. Jedoch wurde die Frage nach der Struktur der kognitiven Fähigkeiten, die der Leistung zugrunde liegt, bisher vernachlässigt. Dies ist erstaunlich, da sich aus der Differenziellen Psychologie interessante Erkenntnisse auf die Studienzulassungsforschung übertragen lassen. Das Werk nimmt einen solchen Brückenschlag zwischen der Studienzulassungsforschung und der Forschung zur Struktur kognitiver Fähigkeiten am Beispiel der Entwicklung einer Testbatterie für die Zulassung zum Psychologiestudium in Deutschland vor. Dazu wurden theoriegeleitet neue Tests entwickelt, die sowohl im Rahmen von Pilotierungstestungen als auch im angewandten Kontext der Studienzulassung eingesetzt wurden. Der Schwerpunkt liegt in der Modellierung der Leistung in den sieben Untertests in Strukturmodellen. Dabei wird deutlich, dass sich neben einem allen Tests gemeinsamen Faktor für das schlussfolgernde Denken ein zweiter, geschachtelter Faktor etablieren lässt, der erworbenes Wissen darstellt. Damit kann eine Struktur kognitiver Fähigkeiten im Kontext der Studienzulassung repliziert werden, die in der Intelligenzforschung vielfach bestätigt ist. In einem weiteren Schritt wird das Strukturmodell der kognitiven Fähigkeiten von Bewerbern vor Studienbeginn für die Vorhersage der Studienleistung im Psychologiestudium nach vier Semestern eingesetzt. Dabei kristallisiert sich heraus, dass sowohl schlussfolgerndes Denken als auch erworbenes Wissen einen beachtlichen Beitrag zur Vorhersage der Studienleistungen leisten. Demnach sollten im Rahmen der Studierendenauswahl sowohl Leistungstests, die fachspezifisches Vorwissen erfassen, als auch solche, die dekontextualisierte Denkleistungen erfassen, eingesetzt werden.