Schulkritik und die Suche nach Schulalternativen – ein Motor der Schulentwicklung?
Rückblick und Ausblick an der Schwelle zum 21. Jahrhundert
Annette Pfisterer
Schulkritik und die Suche nach Schulalternativen sind zentrale Phänomene der Pädagogik des 20. Jahrhunderts. Angesichts der gegenwärtigen Schulkrise ist es an der Zeit, schon früher sich abzeichnende Reformimpulse aufzugreifen, um konstruktive und tragfähige Perspektiven für eine Weiterentwicklung des Schulwesens im 21. Jahrhundert zu gewinnen. Schulkritik ist so alt wie die Schule selbst – und artikuliert sich an der Schwelle zum 21. Jahrhundert fundamentaler denn je. Was sind die grossen Themen der Schulkritik von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, und wie lässt sich deren oft widersprüchliche Vielfalt systematisch erfassen? Ausgehend von einem historischen Abriss der Schulkritik wird in diesem Buch eine umfassende Systematik schulkritischer Positionen entworfen. Schulen in freier Trägerschaft erleben angesichts der Schulnot unserer Tage einen ungebrochenen Zulauf – und das nicht erst, seitdem internationale Vergleichsstudien den deutschen Schulen ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt haben. Warum suchen heute immer mehr Eltern nach Alternativen zur staatlichen Regelschule, und was sind die Schulwahlmotive von Eltern, die ihre Kinder Freien Schulen anvertrauen? Anhand einer vergleichenden Auswertung vorliegender empirischer Studien wird aufgezeigt, was Eltern veranlasst, sich für eine freie Schulalternative zu entscheiden. Schulentwicklung gehört zweifellos zu den grossen pädagogischen und bildungspolitischen Zukunftsaufgaben – sie betrifft staatliche und nicht-staatliche Schulen in gleicher Weise. Kann Schulkritik heute produktiv genutzt werden, um notwendige Veränderungsprozesse im Schulwesen einzuleiten? Und wie müsste das Bildungswesen der Zukunft organisiert sein, um der wachsenden Unzufriedenheit mit der staatlichen Regelschule entgegenzuwirken? – Was können andererseits die Erfahrungen der Schulen in freier Trägerschaft zu einer Weiterentwicklung des Schulwesens beitragen? Inwiefern kann den Freien Schulen, die schon immer eine wichtige Quelle pädagogischer Innovationen waren, Modellcharakter für ein insgesamt freieres und vielfältigeres Bildungswesen zukommen? – Und schliesslich: Wie müsste ein zukünftiges Schulwesen gestaltet sein, das allen Schulen, unabhängig von ihrer Trägerschaft, eine nachhaltige Qualitätsentwicklung ermöglicht? Diesen Fragen widmet sich die Autorin, selbst an einer Schule und in der Lehrer/innenausbildung tätig, in dem vorliegenden Werk. In einer Vision zukünftiger Schullandschaften entwirft sie das Bild eines vielgestaltigen Schulwesens, das sich durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Schulen mit unterschiedlichen pädagogischen Profilen und Trägerschaften auszeichnet, zwischen denen Eltern – unabhängig von ihren Einkommensverhältnissen – frei wählen können. In abschliessenden Thesen zur Schulentwicklung im 21. Jahrhundert kommt die Autorin zu folgendem Resümee: Nur ein Bildungswesen, das die Ideen der Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit konsequent verwirklicht, wird den gewaltigen pädagogischen Herausforderungen der Zukunft gewachsen sein.