Sefer Jezira – Buch der Schöpfung
Klaus Herrmann
Das Buch der Schöpfung entstand im frühen Mittelalter und stellt die erste systematische Zusammenfassung kosmologischer Spekulationen auf der Basis einer ausgeprägten Buchstaben- und Zahlenmystik in hebräischer Sprache dar. Es beschreibt den Aufbau der Welt aus den „32 verborgenen Pfaden der Weisheit“, die sich aus den 10 Sefirot, den Urzahlen oder Potenzen, und den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets zusammensetzen. Entsprechend der antiken Vorstellung vom Makro- und Mikrokosmos werden bestimmte Buchstabengruppen auf den Raum, auf die Zeit und auf die menschliche Welt bezogen. Die Betonung der Dimensionen des Raumes und der Zeit erinnert an neuzeitliche Theorien über die Entstehung des Kosmos, wobei für den Autor des Sefer Jezira zudem der ethische Aspekt des Schöpfungswerkes (Gut und Böse, Unschuld und Schuld) wichtig ist. Die theologische Mitte des Buches ist das Bekenntnis zur „Einheit in Vielheit“; die Vielgestaltigkeit des Universums hängt letztlich an dem einen und einzigen Schöpfergott.
Heute sind mehr als 80 mittelalterliche und frühneuzeitliche Kommentare zum Buch der Schöpfung bekannt, die teils philosophisch-naturwissenschaftlich, teils mystisch-magisch orientiert sind, hier findet sich auch die berühmte Idee der Golemschöpfung, der Erschaffung eines künstlichen Menschen auf der Basis von Buchstabenspekulation. Die neue deutsche Übersetzung beruht auf den ältesten hebräischen Handschriften und Textfragmenten aus der Kairoer Geniza und präsentiert erstmals die verschiedenen Textfassungen in einer synoptischen Übersetzung. Der Leser wird damit unmittelbar in den lebendigen Überlieferungs- und Auslegungsprozeß des Sefer Jezira einbezogen.
Das Buch der Schöpfung (Sefer Jezira) ist das älteste und grundlegende Werk der Kabbala und hat mit seinen kosmologischen Vorstellungen die jüdische Philosophie und Mystik, später auch die christliche Schulen, wesentlich beeinflußt.