Selbstbestimmtes Subjekt?
Über Fördermöglichkeiten und Gefährdungen menschlicher Selbstbestimmung nach Immanuel Kant
Manfred Wiedner
Wie selbstbestimmt ist das Subjekt bei Immanuel Kant, und welche pädagogischen Möglichkeiten sieht Kant, die Autonomie des Subjekts zu fördern? Diese Fragen sind für die vorliegende Untersuchung grundlegend. Es wird gezeigt: Kants Erziehungstheorie bietet zwar zahlreiche Hinweise darauf, wie eine vernunftbasierte Selbstbestimmung des Individuums pädagogisch gefördert werden kann, Kant geht aber keineswegs von einem umfassend souveränen Subjekt aus. Der Mensch, der sich zur Selbstbestimmung nach dem Gesetz der Vernunft entschlossen hat, betätigt sich – Kant paraphrasierend – in einem Feld, das er grundsätzlich nicht beherrschen kann. Weil er die Aufgabe der vernunftbasierten Selbstbestimmung niemals souverän erledigen, sondern sich lediglich darin versuchen kann, muss man den Menschen bei seiner Betätigung im Feld des Moralischen mit Kant als prinzipiellen Dilettanten begreifen. Die Folgen dieser Einsicht für eine zeitgenössische Pädagogik werden ebenfalls zumindest im Ansatz entwickelt.