Sinnbezirke der ältest bezeugten slawischen Namen in Österreich
Peter Anreiter
Die Grundlage der folgenden Untersuchungen bildet das vom Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika (vormals Kommission für Mundartkunde und Namenforschung) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften herausgegebene und von Isolde Hausner & Elisabeth Schuster bearbeitete „Altdeutsche Namenbuch“ (ANB). Dieses Standardwerk hat die Überlieferung der urkundlich bezeugten Ortsnamen in Österreich und Südtirol von den Anfängen bis 1200 zum Gegenstand, wurde im Zeitraum von 1989 bis 2015 erstellt und erschien in 16 Lieferungen. Aus dem früh – also vor 1200 – bezeugten Namenschatz Österreichs lassen sich nun zwei Haupttypen von ehemals slawischen Namen herausschälen: (1) deanthroponymische Toponyme, also Namen von Örtlichkeiten, die einen Personennamen inkorporieren, und (2) Toponyme, die auf Appellativa aufbauen. In dieser Untersuchung werden ausschließlich Namen des Typs (2) behandelt. (Anthropophore Fälle werden nur dann berücksichtigt, wenn sich aus ihnen Appellativa extrahieren lassen, die für unsere Studie eine gewisse Relevanz haben). Dabei gingen wir methodisch folgendermaßen vor: den einzelnen Onymen, die einen bestimmten Sinnbezirk bzw. ein bestimmtes Wortfeld konstituieren, werden zunächst die gemeinslawische appellativische Grundform und ihre Basisbedeutung, dann die innerslawische Verankerung eben dieser Grundform und schließlich die Etymologie vorangestellt. Hernach werden die einzelnen Lemmata unter Zugrundelegung des nachstehenden Gliederungsschemas analysiert: a) Bestimmung des Referenzobjektes, b) Präsentation der ältesten Quellen (also von den Anfängen bis 1200) in ihrem Minimalkontext, c) Anreicherung des Quellenmaterials durch Belege, die das ANB nicht mehr erfasste. (Diese Anreicherung war notwendig, weil sich so mancher Name erst durch die nach 1200 abgefassten Belege etymologisieren lässt). Abhandlungen, die der sprachhistorischen Interpretation slawischer Namen in Österreich gewidmet sind, gibt es zu Hauf. Was bislang u. E. fehlte, ist die Gliederung dieser Namen nach Benennungsmotiven bzw. nach Sinnbezirken. Nur durch eine derartige Gliederung kann – zumindest in Ansätzen – deutlich gemacht werden, welchen „Menschentyp“ die früh- und hochmittelalterlichen Slawen in Österreich repräsentierten, welche Vorlieben sie hatten, wie sie ihre Umwelt erfassten und gestalteten, wie sie wirtschafteten u. a. m. All das lässt sich – bei aller gebotenen Vorsicht – aus dem slawischen Namenschatz ablesen. Hier vermag die Onomastik ein – manchmal stärkeres, bisweilen schwächeres – Licht in das Dunkel der Geschichte zu senden.