Soziales Vertragsrecht
Eine rechtsevolutorische Studie
Andreas Abegg, Marc Amstutz, Peter Gauch, Vaios Karavas
Der Entscheid BGE 129 III 35 hat in der Lehre eine grosse Debatte ausgelöst. Die Schuljurisprudenz hat das Urteil des Bundesgerichts fast einhellig scharf kritisiert. Das vorliegende ZSR-Beiheft setzt sich ebenfalls kritisch mit diesem Urteil auseinander. Im Gegensatz zur Schuljurisprudenz wird das Urteil des Bundesgerichts als ein entscheidender Schritt in Richtung hin zu einem Funktionswandel des Privatrechts interpretiert, der durch die zunehmende Fragmentierung der Gesellschaft bedingt ist. Anhand einer historischen Analyse wird aufgezeigt, dass die Funktion des Privatrechts in einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft nicht in der Gewährleistung der Privatautonomie der Marktteilnehmer bestehen kann, sondern im rechtlichen ‚Verfassen‘ der unterschiedlichen Handlungsbereiche der Zivilgesellschaft. Damit wandelt sich das Privatrecht hin zu einem ‚Zivilverfassungsrecht‘ der polykontexturalen Gesellschaft. Die dogmatischen Konsequenzen, die aus einem solchen Funktionswandels folgen, werden abschliessend anhand des Rechtsinstituts des Kontrahierungszwanges aufgezeigt.