Sprachnorm, Sprachbewertung, Sprachlehre Zum Umgang mit flexionsmorphologischer Varianz in deutschen Schulgrammatiken
Zum Umgang mit flexionsmorphologischer Varianz in deutschen Schulgrammatiken
Christopher Schulz
In der sprachlichen Wirklichkeit trifft die Sprachgemeinschaft immer wieder auf sprachliche Varianten (wie ich fragte vs. frug, die Bogen vs. Bögen, runder vs. ründer, unser vs. unsrer). Dahinter stehen sprachhistorisch gesehen Sprachwandelprozesse und in der Sprachwissenschaft die Einsicht, dass Sprache sich nicht in einer invariablen Standardvarietät erschöpft, sondern sich vielfältig ausdifferenziert. Von besonderer Bedeutung ist dieses Faktum für die Arbeit an Texten wie Grammatiken und Wörterbüchern, die standardsprachliche Normen kodifizieren. Diese Untersuchung ergründet den Charakter des neuhochdeutschen Sprachkodex, und zwar ausschnitthaft anhand historischer Schulgrammatiken und mit Blick auf die Darstellung flexionsmorphologischer Varianz. Neben der Frage, ob Varianz in historischen Schulgrammatiken überhaupt eine Rolle spielt und, wenn ja, wie viel Varianz die Autoren aus welchen flexionsmorphologischen Themenbereichen aufgreifen, wird die Darstellung von Varianz, zuvorderst die Markierungspraxis in Schulgrammatiken, beschrieben. Dabei werden die angeführten Marker in Gänze erfasst, um beispielsweise das metasprachliche Bewertungsvokabular der Grammatiker systematisiert darzubieten. Interessant erscheinen diesbezüglich vor allem Korrelationsfragen wie Sind dialektale Varianten schlecht? oder Werden umgangssprachliche Varianten abgewertet? Die Studie ist in vielfacher Hinsicht ein Desiderat: Sie präsentiert wichtige Erkenntnisse für die Sprachwandelforschung. Sie erforscht den neuhochdeutschen Sprachkodex. Sie erhebt erstmalig umfassend in Grammatiken aufgenommene sprachliche Varianz.