Spröde Liebe Helgoland
Ute Fischer, Bernhard Siegmund
Helgoland, schon der Name klingt wie ein mystisches Ziel. Und viele Freunde, die wir fragten, ob sie schon einmal auf Helgoland gewesen wären, schüttelten den Kopf oder zuckten mit den Schultern. Das ist die Standardantwort für eine Insel ganz weit draußen in der Nordsee. Ja, die meisten Nordsee-Urlauber machen gewiss einen Tagesausflug dorthin. Aber mit meist stürmischer An- und Abfahrt bleiben maximal vier Stunden Zeit, um Helgoland zu erkunden. Und da auch nur, wenn man sein Fischbrötchen im schnellen Gehen verspeist. Was von so einem Besuch übrig bleibt, sind vermutlich nicht mehr als eine Stange zollfreier Zigaretten und eine Flasche Spirituosen, für die man die Mehrwertsteuer sparte.
Wir wollten eigentlich kein Buch schreiben. Wir wollten einfach nur mal Helgoland; mitten in der Nordsee den Spirit fühlen, dem Wind lauschen, den Nordseewellen zuschauen. Und dann kam alles ganz anders. Wir spürten eine gewisse Sprödheit. Es fehlte uns ein herzliches Willkommen, wie echt oder unecht es auch sein mag. Auf Helgoland ist das anders. Du bekommst, was Du brauchst, aber Du musst Dich kümmern.
Helgoland ist von Anbeginn bis heute eine einzige Schicksalsgeschichte. Immer wieder hin- und hergeschenkt. Mal Seefestung. Mal Waffenschmiede. Mal Seeräubernest. Abgesoffen. Bombardiert. Gesprengt. Und immer wieder aufgebaut. Das macht zäh, vielleicht auch spröde. Es gibt noch Wunden aus jener Zeit, und auch Wunder. Zum Beispiel der 150 Jahre alte Maulbeerbaum. Zusammen gebombt und doch schlug er wieder aus. Die Kegelrobben, die hier am eisigen Strand ihre Jungen gebären. Das rote Felswatt und der Lummenfelsen, von dem sich die jungen Trottellummen waghalsig in die Nordsee stürzen, obwohl sie gar nicht fliegen können. Nirgendwo sahen wir so viele Vogelbeobachter mit dicken Rohren, weil hier mit 430 Arten die größte Zahl von Mitteleuropa gezählt wird.
Die Bunker. Sie erinnern an die schwärzesten Tage Helgolands, als die Briten versuchten, die Insel in Grund und Boden zu bomben. Der Fahrstuhl ins Oberland trägt seine Passagiere seit Jahrhunderten hoch zum Falm, der wie eine Kapitänsbrücke den totalen Ausguck beschert. Weit fällt der Blick auf die Nordsee und auf die Düne, der vom Meer abgetrennte sandige Teil von Helgoland. Eine andere Welt.
Das Kontrastprogramm für eilige Tagestouristen. Wenn die weg sind, atmet Helgoland eine Spur leichter. Die Shops schließen und die Restaurants öffnen. Man kann gut essen auf Helgoland. Aber man muss sich kümmern.