Stefan Georges moderne Klassik
Die "Blätter für die Kunst" und die Erneuerung des Dramas
Franziska Merklin
Stefan George gilt zu Recht als bedeutender Lyriker der Klassischen Moderne, mit der Gattung „Drama“ bringt man ihn kaum in Verbindung. Doch hat George mit der Zeitschrift seiner „Dichterschule“ (K. Kluncker), den in zwölf Folgen von 1892 bis 1919 erschienenen „Blättern für die Kunst“, ein umfangreiches Korpus an dramentheoretischen und dramatischen Texten vorgelegt. Die vorliegende Studie untersucht die Dramenreform des George-Kreises, indem sie mit dem Drama einen bislang unterbelichteten Werkaspekt Georges und des Blätter-Kreises erstmals systematisch-diachron aufbereitet, interpretatorisch erschließt und literarhistorisch kontextualisiert. Analysiert werden Georges Stellung in der bewegten Dramengeschichte zwischen Naturalismus, Expressionismus und den Anfängen des epischen Theaters, sein spannungsreiches Verhältnis zu den wichtigen Dramatikern der frühen „Blätter“-Gruppe Hugo von Hofmannsthal und Karl Vollmoeller und die zunehmende Vereinheitlichung der Dramenpoetik des Kreises. Diese konstituiert sich durch Institutionenkritik mit gesellschaftskritischer Stoßrichtung, polemische Abgrenzung, Kritik am Regietheater und Publikumsgeschmack und durch den Entwurf eines „Gegenprogramms“, in dem die ästhetische Orientierung an einem antikisierenden Schiller und an der über Platon vermittelten Dialogform eine herausragende Rolle spielen.