Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Amtsträgern im Umweltstrafrecht
Umweltuntreue
Burkhard Immel
Auch nach Einführung der Umweltschutztatbestände in das Kernstrafrecht scheint sich an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der die Umweltgeschicke lenkenden Amtsträger nichts geändert zu haben. So wurde bisher, trotz spektakulärer Umweltskandale, kein einziger Fall bekannt, in dem ein Amtsträger nach einem der Umweltschutztatbestände bestraft worden wäre. Die Praxis der Strafverfolgung steht in einem merkwürdigen Gegensatz zur h.M., wonach nahezu jeder vorsätzliche oder auch fahrlässige Beitrag eines Amtsträgers zu einer Umweltverschmutzung strafrechtlich geahndet werden kann. Dieses Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis legt die Vermutung nahe, dass die Vorschriften des 28. Abschnitts des StGB von ihrer Konstruktion und Struktur her ungeeignet sind, strafwürdiges Fehlverhalten von Amtsträgern zu erfassen. Die Untersuchung der Gründe für diese Insuffizienz der strafrechtlichen Normen ist das Anliegen der Arbeit. Ausgehend von den Fallgruppen denkbaren Fehlverhaltens wird versucht nachzuweisen, dass die unterschiedlichsten Topoi strafwürdigen Verhaltens entweder gar nicht oder nur sehr unzureichend erfasst sind. Die Untersuchung der bisherigen Lösungsversuche zeigt, dass diese nicht immer die wünschenswerte Praxisnähe besitzen, z.T. dogmatisch nicht befriedigen oder jedenfalls auf unüberwindliche Beweisschwierigkeiten stossen. Bei der Suche nach einer neuen Sanktionsmöglichkeit, die diese Lücken schliessen soll, kommt es darauf an, dass diese exakt auf den Unwertgehalt des amtsträgerlichen Fehlverhaltens, das sach- bzw. rechtswidrige Verwalten der Umweltgüter, zugeschnitten sein sollte. Dabei könnte der Gedanke der «Umweltuntreue» die bestehenden Sanktionsschwierigkeiten abbauen helfen.