Strategien zur Durchsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Strafverfolgung der Folter am Beispiel Brasiliens
Eine Untersuchung zum Verhältnis zwischen Völkerstrafrecht und Staatenverantwortlichkeit
Eugênio José Guilherme de Aragão
In seinem im Jahre 2001 veröffentlichten Landesbericht stellt der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Sir Nigel Rodley, in aller Deutlichkeit fest, dass in Brasilien „Folter und ähnliche Misshandlungen auf ausgedehnte und systematische Weise in den meisten Teilen des Landes verübt werden“. Diesem Befund zufolge ist Brasilien die gravierende Verletzung einer der grundlegendsten Verbürgungen des internationalen Menschenrechtsschutzes vorzuwerfen. Vorliegende Arbeit vollzieht nach, warum dieser Vorwurf gerechtfertigt ist, und fragt danach, welche Rechtsfolgen er für den brasilianischen Staat zeitigt – sowohl in menschenrechtlicher als auch in völkerstrafrechtlicher Hinsicht. Dies geschieht vornehmlich vor dem Hintergrund des Problems der Straflosigkeit von Foltertätern in Brasilien. Es wird versucht zu begründen, dass sich deren Strafverfolgung als eine Sekundärpflicht der Staatenverantwortlichkeit darstellt, die mit einer unmittelbar aus dem Völkerrecht ableitbaren individuellen Strafverantwortung korrespondiert. Daher ist die brasilianische Regierung gehalten, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die vorherrschende Straflosigkeit effektiv zu unterbinden. Es werden Vorschläge gemacht, wie diese Maßnahmen aussehen könnten.