Stupsen und Schubsen (Nudging): Ein neues verhaltensbasiertes Regulierungskonzept?
Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. Heft 1, 87. Jahrgang (2018).
Wir wollen gesünder leben, geben beim Einkauf aber süßen Verlockungen nach. Wir müssten, sorgen aber nur unzureichend finanziell für das Alter vor. Unser ökonomisches Verhalten ist inkonsistent, kontextabhängig, geprägt von Heuristiken, Verzerrungen, wie Altersaversion, Gegenwartspräferenz, Daumenregeln, sozialen Normen. Dies lehrt uns die Verhaltensökonomik. Ihr Instrument dagegen sind »Nudges – sanfte Stupser«. Damit sollen die Menschen zu ihrem Wohl minimalintensiv beeinflusst werden, ohne ihre Optionen einzuschränken.
In dem Vierteljahrsheft werden kontroverse Aspekte von Nudges diskutiert: Ethische Merkmale und das Menschenbild des Konzepts werden unterschiedlich beurteilt. Legitime Nudges sollten zumindest nicht einschränken, nicht manipulieren, transparent kommuniziert werden. Das fortlaufende Lernen neuer Präferenzen wird als ein Gegenentwurf formuliert. Begründet wird, warum Nudging in Unternehmen nicht paternalistisch sei. Vertreten wird, Nudges wirkten beschleunigend als »behavioural spin«, seien aber rekonfigurierte konventionelle Instrumente. Berichtet wird über die internationale Etablierung des Politikkonzepts durch Institutionalisierung. Vorteile von Global Nudges werden unterbreitet, die als ergänzende Instrumente bei Entscheidungen über globale öffentliche Güter (Klimawandel, Finanzmarkt) eingesetzt werden könnten.