Tagebuch (1926 bis 1945) der Rotkreuzschwester Klara im Heeressanitätsdienst
Eine Konstruktion der Wirklichkeit
Ludger Tewes
Das Kriegserleben von Schwester Klara und ihrer Schwesterngruppe verlief jeweils sowohl individuell als auch kollektiv. Die gewonnene Kriegserfahrung stand unter Vor-Erfahrung und Erwartung. Sie formte als Herausforderung eine aktiv gebildete, emotionale, intellektuell zu wertende Sinnstiftung. Eine tatsächliche Konstruktion der Wirklichkeit fand statt. Die Schwester handelte aus freiem Willen und unter ganz persönlichen Merkmalen und eigenen Charaktereigenschaften. Die Konstruktion der Wirklichkeit wurde aus vielen Parametern der Wahrnehmung bewirkt, besonders durch psychische Disposition, sozialisierte Haltung, progressive Motivation und tiefgehende Moralisierung. Daraus entstanden eine kreative Wahrnehmung und die Veränderung der eigenen Ideenlandschaft innerhalb der Gruppenstruktur. Diese besondere individuelle Konstruktion bildete den Auszug der Wirklichkeit nach sub- jektivem und objektivem Erleben. Die sozialisierte Haltung der Schwester schwächte sich im Verlauf des Krieges ab, und die eigene individuelle Einschätzung verstärkte ihr Gewicht.