Theologisches Denken bei Xu Zongze (1886-1947)
Ein Versuch der Kontextualisierung der katholischen Theologie in China in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Yaoguang Tang
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfassten große gesellschaftliche Umwälzungen China, die die katholische Kirche vor riesige Herausforderungen stellten und sie zugleich sehr angreifbar machten. Vor diesem Hintergrund entstand eine neue Bewegung, die nach einer Inkulturation des katholischen Christentums in China strebte. Xu Zongze 徐宗泽 (1886–1947) war ein Vertreter dieser Bewegung, der sein theologisches Denken vor allem mittels der „Mission durch Pinsel und Tusche“ (bimo chuanjiao 笔墨传教 ), d.h. in einem umfangreichen Schrifttum, entfaltete. Sein Ansatz war dadurch gekennzeichnet, dass er sich intensiv mit den gesellschaftlichen Problemen im China seiner Zeit auseinandersetzte und diese anhand der katholischen Soziallehre zu lösen versuchte. Hierzu gehörte die Haltung zur Frauenbewegung, die Modernisierung der katholischen Erziehung in China oder das katholische Verständnis des gerechten Krieges. Diesen Versuch einer theologischen Kontextualisierung nannte er selbst „Katholisierung“ (gongjiaohua 公教化 ).