Tiere in der plastischen Kunst des Mittelalters
Götz Ruempler
Im frühen Mittelalter während der karolingischen und ottonischen Epoche werden die
Kirchenbauten, aber auch Burgen und Schlösser, zunehmend mit Tierplastiken ausgeschmückt.
Die romanische Baukunst führt den Typus der altrömischen Basilika weiter
und verziert das Mauerwerk außen und innen, vor allem an Portalen, Fensterrahmen
und auf Kapitellen, mit Tierdarstellungen in erstaunlicher Variation der Formen.
Neben den häufigsten Arten wie Löwe, Adler oder Schlange tauchen orientalische
Tiergestalten wie Elefant, Kamel oder Krokodil auf und auch die Vogelwelt erscheint
in großer Formenfülle. Natürlich dürfen Fisch, Frosch, Eidechse oder Schnecke nicht
fehlen und sogar die Biene findet sich als heiliges Tier in der romanischen Kunst.
In der kunsthistorischen Fachliteratur über die mittelalterliche Tierplastik haben sich
im Laufe der Zeit allerdings zahlreiche Fehler eingeschlichen. So werden etwa der
Panther als Löwe, der Falke als Geier, die Antilope als Hirsch oder sogar der Flamingo
als Vogelstrauß beschrieben. Hier setzt die Arbeit des Zoologen an. 60 Jahre lang
ist der Autor als Hobby-Kunsthistoriker auf Reisen durch Europa gefahren, um die
mittelalterliche Tierplastik zu studieren und im Bild festzuhalten. 65 verschiedene
Tierformen, dazu rätselhafte Fabeltiere, haben Eingang in das Werk gefunden und
werden, soweit das möglich ist, in ihrer Bedeutung vorgestellt. Neben dem Studium
der Veterinärmedizin und seiner Arbeit als Zoodirektor hat der Autor mit diesem
Streifzug durch die mittelalterliche Welt der Tiere in der Architektur sein Lebenswerk
zum Abschluss gebracht.
Dr. med. vet Götz Ruempler ist 1936 in Wilhelmshaven geboren
und seit 1950 in Bremen aufgewachsen. Nach einer kaufmännischen
Lehre, Abitur am Abendgymnasium, Studium der
Veterinärmedizin in Hannover und Berlin, war er von 1968 bis
1994 Zoodirektor in Rheine/Westf., Bremerhaven und Münster.
Seit 1970 ist er Mitglied des Verbandes deutscher Zoodirektoren
und war von 1978 bis 1989 dessen Präsident. Seit 1960 hat er
Arbeiten über mittelalterliche Plastik, insbesondere Tierplastik
und ihre Bedeutung in der mittelalterlichen Kunst verfasst.