Tigersprung am Ganges
Indiens Wirtschaftswunder zwischen Neo-Faschismus und Bollywood
A. Kadir Özdemir
Von Asiens Tigerstaaten ist kaum mehr die Rede. China ist dagegen in aller Munde. Vielleicht aber heißt die wahre Wirtschaftsmacht der Zukunft stattdessen Indien. Binnen weniger Jahre wurde der Subkontinent Weltmarktführer in der Softwareentwicklung, bei Call-Center-Leistungen und in der Biotechnologie. Das Bruttoinlandsprodukt liegt mit 800 Dollar pro Einwohner noch auf niedrigem Niveau. Dennoch ließ das Wirtschaftswachstum eine beträchtliche Konsumentenschicht entstehen. Markenprodukte aus dem Westen wie Autos, elektronische Geräte und Luxusartikel sind dort gefragt. Mit der atemberaubenden Entwicklung der Wirtschaft wächst auch Indiens politische Bedeutung. Das Land gibt sich selbstbewusst und fordert einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dennoch sind kaum irgendwo sonst die sozialen Gegensätze größer als in der indischen Demokratie mit ihren über 1,1 Milliarden Menschen. Auf dem Land ist von Hightech kaum etwas zu spüren – und die sozialen, religiösen und gesellschaftlichen Spannungen nehmen zu. Wer Indien verstehen will, muss deshalb beide Seiten der Medaille intensiv betrachten. A. Kadir Özdemir liefert eine fundierte Hintergrundanalyse mit besonderem Wert für deutsche Entscheider in Wirtschaft und Politik. Schließlich pflegt Indien enge Beziehungen zu Deutschland, seinem wichtigsten Handelspartner in Europa. Überdies wächst Indiens globaler Einfluss beständig. Er wird auch über die Zukunft Europas entscheidend mitbestimmen.