Toleranz für Ehrenmörder? Soziokulturelle Motive im Strafrecht unter besonderer Berücksichtigung des türkischen Ehrbegriffs
Bahar Erbil
Mit der zunehmenden gesellschaftlichen Pluralisierung gewinnen auch interkulturelle Konflikte immer mehr an Bedeutung. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der strafrechtlichen Relevanz fremdländischer, insbesondere türkischer Wertüberzeugungen, denen der Täter unterliegt. Besonders aufsehenerregend sind die Ehrenmorde, die von meist türkisch geprägten Männern begangen werden, um gekränkte Ehre wiederherzustellen. Die Strafrechtsdogmatik steht den damit zusammenhängenden Fragen bislang hilflos gegenüber. Die Autorin mit türkischem Hintergrund hat sich die Aufgabe gestellt, das Phänomen des Ehrenmordes näher zu beleuchten. Dabei begibt sie sich in weiten Strecken auf wissenschaftliches Neuland.
Untersucht werden unter anderem die Möglichkeiten der Berücksichtigung soziokultureller Motive im Strafrecht. Welche Einbruchsstellen existieren im Strafgesetzbuch? Kann die Ausländereigenschaft etwa als Strafschärfungs- oder Strafmilderungsgrund herangezogen werden? Und in welchem Maße ist die ethisch-kulturelle Prägung des Täters im Rahmen der Tötungsdelikte bedeutsam? Damit schließlich richtet sich das Augenmerk der Arbeit auf die Ehrenmorde. Ausführlich wird der Ehrbegriff im deutschen und türkischen Kulturkreis thematisiert und es werden die zwei wichtigsten Formen der Tötung aus Ehre dargelegt, nämlich der eigentliche Ehrenmord und der Blutrachemord.