Transfer und Vergleich nach dem Cross-Cultural-Turn
Studien zu deutsch-polnischen Kulturtransferprozessen
Marta Kopij-Weiß, Miroslawa Zielinska
Kulturelle Transfers setzten sich als Kategorie im wissenschaftlichen Diskurs der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts durch. Die Kulturtransferforschung möchte sich in erster Linie kritisch von den traditionellen Kategorien der vergleichenden Kulturstudien abgrenzen, die von abgeschlossenen (National-)Kulturen ausgehen.
Diese Abgrenzung stellt den Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung der deutsch-polnischen Kulturkontakte im langen 19. und kurzen 20. Jahrhundert dar. Großen Wert legen die Herausgeberinnen und die AutorInnen der einzelnen Aufsätze darauf, dass das Verbindende der europäischen Kultur nicht aus dem Blick gerät. Indem der Fokus weg vom Export der eigenen Kultur und hin zum Import des Anderskulturellen gelenkt wird, rückt die Frage nach soziokulturellen Interaktionen, Wechselbeziehungen und Verflechtungen in den Mittelpunkt.
Die Diskrepanz zwischen der Präsenz und Vermittlung polnischer Kultur einerseits und ihrer immer wieder konstatierten Unbekanntheit sowie die heutigen Alteritätsdiskurse gehen zum größten Teil auf Konstruktionen und Konfigurationen des „Anderen“ zurück, die – wie es sich herausstellt – nicht nur immer noch über erstaunliche Beharrungskräfte verfügen, sondern auch zum Phänomen der „langen Dauer“ geworden sind. Dieses Phänomen soll im vorliegenden Band unter Heranziehung interkultureller Kommunikation, als auch unter Bezugnahme der beiderseitigen Wahrnehmungs-, Denk- und Deutungsstrukturen der Longue durée näher analysiert werden.