Traumreise eines Radieschens
Die einzigartige Kunst des Gemüseschnitzens
Lai Ha Leong Rohsmann
Mag.a art. Lai Ha Leong Rohsmann, eine in China geborene und seit Jahren in Wien lebende Objektkünstlerin und Fotografin, ist eine Meisterin im Schaffen von künstlerischen Miniatur-Skulpturen aus Obst und Gemüse.
Die alte künstlerische Tradition des Gemüseschnitzens entwickelte sich unabhängig voneinander in Japan, China, Zentralasien und einigen Ländern des Nahen Ostens vor einigen hundert Jahren. Wurde diese Verzierungstechnik früher häufig angewendet, um die Götter milde zu stimmen, so findet sie heute noch Anwendung im dekorativen Anrichten von Speisen. Vielleicht liegt es an der schnellen Vergänglichkeit des Basismaterials, dass diese Technik nur von wenigen Künstlerinnen und Künstlern in der bildenden Kunst eingesetzt wird. Lai Ha Leong Rohsmann ist eine davon.
Mit einem Skalpell gelangen filigrane Muster und Verzierungen in und auf verschiedene Obst- und Gemüsesorten bzw. entstehen skulpturale Gebilde mit einer erstaunlichen Aussagekraft.
Die Auswahl eines bestimmten Gemüses trifft die Künstlerin im Hinblick auf die spätere Werkaussage am Beginn ihrer Arbeit, bei welcher sie sodann mit einer behutsamen Geschicklichkeit eine unbeirrbare Entwicklung vorantreibt. Was sie letztlich zufriedenstellt, muss regelrecht „wachsen“.
Lai Ha´s Werke entstehen oftmals im Spannungsfeld zwischen einer eigenwilligen und interessanten Formensprache und dem gewählten Thema aus sehr kleinen Früchten. In der Serie „Traumreise eines Radieschens“ bearbeitete sie eigens für dieses Projekt in der City Farm Schönbrunn angebaute Rose d‘Hiver de Chine-Radieschen. Alles Auszusagende musste mit dem Dargestellten und der bis zum Ende erkennbaren Frucht in Einklang gebracht werden. Dass alles innerhalb der gewählten Grenzen eine bestmögliche Wirkung entfaltete, war dabei die große Kunst und das Können von Lai Ha. Im Schwebezustand zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit klingen in ihren filigranen Kunstwerken Natur, Erzählungen und reflektierende Gedanken einer großartigen zeitgenössischen Künstlerin wieder, welche nicht nur Tradition und Moderne, sondern auch die Länder China und Österreich kunstvoll zu verknüpfen vermag. Die magische Balance kunstvoller Darstellungen mit ungewöhnlichen Gestaltungsmitteln erhielt durch das fotografische Festhalten Beständigkeit und setzte der naturgemäßen Vergänglichkeit etwas von Dauer entgegen.
Berthild Zierl
Malerin und Grafikerin,
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs,
Landesverband Wien, Niederösterreich, Burgenland