Umsetzung von Menschenrechtsübereinkommen in Bundesstaaten
Gleichzeitig ein Beitrag zur grundrechtlichen Ordnung im Föderalismus
Judith Wyttenbach
Rund 40 Prozent aller Menschen leben in Bundesstaaten. Dadurch erhält die Frage, wie Bundesstaaten Menschenrechtsabkommen innerstaatlich umsetzen und wie sie mit dem internationalen Monitoring umgehen, erhebliche Tragweite. Menschenrechtsübereinkommen stellen in verschiedener Hinsicht eine Herausforderung für Bundesstaaten dar: Die Mehrebenenpolitik macht den Vertragsbeitritt, die Umsetzung und die Berichterstattung an die internationalen Organe aufwändig und komplex. Aufgrund der Transversalität der Verträge ist zur Umsetzung oftmals auf allen Staatsebenen eine Anpassung oder Ergänzung der Rechtsordnung und der Praxis notwendig. In vielen Fällen sind die Gliedstaaten sogar primär zuständig, die eingegangenen Verpflichtungen umzusetzen. In monistischen Systemen begründen die Verträge unter Umständen neue justiziable Ansprüche auch gegenüber Gliedstaatenbehörden. Letztlich hängt die Umsetzung der Verträge massgeblich vom Konsens der Akteure auf Bundes- und auf Gliedstaatenebene über die gemeinsamen Grundwerte ab. Dies gilt umso mehr, als selbst Bundesstaaten mit weitreichenden Instrumenten der Bundesaufsicht bei der Durchsetzung der Verpflichtungen im Kompetenzbereich der Gliedstaaten in der Praxis sehr zurückhaltend sind und Kooperation vor Konfrontation setzen. Die vorliegende Arbeit soll zu einem vertieften Verständnis der Korrelationen zwischen föderalistischer Aufgabenverteilung und Menschenrechtsschutz beitragen. Sie soll aufzeigen, welche Chancen der Föderalismus bietet und welche Hindernisse es zu überwinden gilt.